Steuerzahler sollen Galileo finanzieren
Das EU-Satelliten-Navigationssystem Galileo soll nach einem Vorschlag der EU-Kommission zur Gänze aus Steuergeldern bezahlt werden. EU-Verkehrskommissar Jacques Barrot beziffert die Kosten auf bis zu zehn Milliarden Euro bis 2030.
Die EU-Kommission will die Milliardenkosten für die Rettung des Satelliten-Navigationssystems komplett den Steuerzahlern aufbürden. Das sei die "vorteilhafteste Lösung", heißt es in einem Strategiepapier, das Barrot am Mittwoch in Brüssel vorstellte.
Danach soll die öffentliche Hand alle 30 geplanten Galileo-Satelliten finanzieren. Den späteren Betrieb könne dann wieder die Privatwirtschaft übernehmen.
Bis zu zehn Milliarden Euro Kosten
Der EU-Haushalt würde hierdurch nach Barrots Angaben bis zum Jahr 2013 mit 2,4 Milliarden Euro zusätzlich belastet. Bisher war rund eine Milliarde Euro veranschlagt. Bis 2030 dürften die Kosten demnach sogar auf neun oder zehn Milliarden Euro steigen.
Der Europäische Steuerzahlerbund forderte eine kritische Prüfung des Projekts und warnte vor einem "Milliardengrab" für die Gelder der öffentlichen Hand.
150.000 Arbeitsplätze
Mit Galileo sollen gut 150.000 Arbeitsplätze geschaffen werden. Barrot sagte, ein Verzicht sei "unvorstellbar" und wies Vorwürfe zurück, der Steuerzahler müsse ein unverhältnismäßig hohes Risiko übernehmen. "Galileo ist ausführlich erforscht und wissenschaftlich von hoher Qualität."
Unter dem Strich hofft Barrot, dass sich die Kosten für den öffentlichen Sektor nicht erhöhen. Nach dem bisher ins Auge gefassten Modell einer öffentlich-privaten Partnerschaft [PPP] hätte die Industrie zwar die Investitionskosten getragen. Sie hätte sie aber später - zuzüglich Zinsen - zurückgefordert. Bauherr solle die Europäische Raumfahrtagentur [ESA] sein. 2012 könne es dann eine neue Ausschreibung für Betrieb und Wartung geben.
Verhandlungen mit Industrie gescheitert
Die Verhandlungen der EU mit einem Industriekonsortium um den Raumfahrtgiganten EADS waren vergangene Woche gescheitert, als die acht Unternehmen ein Ultimatum zur Erfüllung wichtiger Auflagen verstreichen ließen.
Das Vorhaben von Barrot müsste beim nächsten Verkehrsministerrat im Juni grünes Licht der 27 EU-Staaten erhalten.
Der derzeitige EU-Ratspräsident, der deutsche Verkehrsminister Wolfgang Tiefensee [SPD], hat bereits das gleiche Vorgehen vorgeschlagen.
Europäische GPS-Konkurrenz
Galileo soll Europa unabhängig vom amerikanischen GPS-System machen und mit gut 30 Satelliten Touristen, Spediteuren, Autofahrern und Landwirten genauere Ortungsdaten liefern.
Streitigkeiten zwischen den EU-Ländern um Geld und den Sitz von Kontrollzentren haben aber immer wieder zu Verzögerungen geführt und Mehrkosten in Millionenhöhe verursacht. "Wir können uns keine weiteren Verzögerungen mehr leisten, wir wollen 2012 startklar sein", sagte Barrot. Ursprünglich hätte Galileo schon 2008 in Betrieb genommen werden sollen.
(dpa | AP)