Peter Löscher wird neuer Siemens-Chef

20.05.2007

Der Österreicher Peter Löscher löst mit 1. Juli den bisherigen Vorstandschef Klaus Kleinfeld beim Technologiekonzern Siemens ab. Löscher arbeitete zuletzt beim US-Pharmakonzern Merck und bezeichnet seine Berufung als "Ehre".

In einer außerordentlichen Sitzung hat der Siemens-Aufsichtsrat am Sonntag einen neuen Chef für den krisengeschüttelten Konzern gekürt.

Der geborene Villacher Löscher folgt auf den bisherigen Vorstandsvorsitzenden Kleinfeld, der wegen des Widerstands im Aufsichtsrat gegen seine Vertragsverlängerung seinen Rückzug angekündigt hatte.

Löscher fühlt sich geehrt

Löscher bezeichnete seine Berufung als "Ehre": "Ich werde mich gemeinsam mit allen anderen Siemensianern dafür einsetzen, dass wir das Unternehmen weiter voranbringen", sagte Löscher unmittelbar nach seiner Ernennung.

Siemens-Aufsichtsratschef Gerhard Cromme rühmte Löscher wegens seines internationalen Renommees und erklärte, er sei überzeugt, "dass die schwierige Aufgabe, Siemens aus der gegenwärtigen Situation in eine gute Zukunft zu führen, bei Peter Löscher in den besten Händen liegt".

Gewerkschaft: "Keine Kahlschlagpolitik"

Auch IG-Metall-Vize Berthold Huber begrüßte die Entscheidung. In den vergangenen beiden Tagen hätten Arbeitnehmervertreter Gelegenheit zu Gesprächen mit dem künftigen Siemens-Chef gehabt.

Dabei habe dieser versprochen, "keine Kahlschlagpolitik in Deutschland und anderswo" zu betreiben, und sich zur Mitbestimmung bekannt. "Wir hoffen, dass die Führungskrise damit erledigt wird", erklärte Huber.

Kleinfeld geht Ende Juni

Kleinfeld hatte Ende April seinen Rückzug erklärt, obwohl er in seinen zwei Jahren im Amt alle Geschäftsziele erreicht hatte. Er wird sein Amt am 30. Juni niederlegen.

Der 49-jährige Löscher ist derzeit Präsident Global Human Health beim US-Pharmariesen Merck.

Kleinfeld gab auf, weil der Aufsichtsrat wegen der Korruptionsaffären bei Siemens die Verlängerung von Kleinfelds Vertrag weiter hinauszögern wollte.

Wochenlange Suche

Nach der Ankündigung seines Rückzugs hatte Siemens wochenlang nach einem Nachfolger für Kleinfeld gesucht.

Zuletzt hatte Linde-Chef Wolfgang Reitzle, der als Wunschkandidat des neuen Aufsichtsratschefs Cromme galt, Siemens eine Absage erteilt.

Hiesinger folgt Feldmayer

Als Nachfolger für Siemens-Europachef Johannes Feldmayer rückt wie erwartet der bisherige Leiter der Siemens-Sparte Gebäudetechnologie, Heinrich Hiesinger, zum 1. Juni in den Zentralvorstand nach.

Feldmayer war nach der Affäre um die verdeckte Finanzierung der Arbeitnehmerorganisation AUB beurlaubt worden. Feldmayers Aufgaben waren interimsmäßig an andere Vorstände verteilt worden. Hiesinger soll zum Jahreswechsel auch die Aufgaben von Personalchef Jürgen Radomski übernehmen.

Köpferollen nach Schmiergeldaffäre

Zuvor war schon der Aufsichtsratsvorsitzende und langjährige Firmenchef Heinrich von Pierer gegangen. Ihm folgte Cromme nach.

Siemens wird derzeit von einem Schmiergeldskandal erschüttert. Der Konzern hat bereits eingestanden, dass in den vergangenen Jahren fast eine halbe Milliarde Euro an dubiosen Zahlungen geflossen sein soll, meist für Aufträge im Ausland.

Eine Verstrickung von Kleinfeld in die Skandale, die derzeit von der Staatsanwaltschaft aufgearbeitet werden, ist bisher nicht bekannt.

Peter Löschers Werdegang

Peter Löscher kam am 17.9.1957 in Villach zur Welt und machte seinen Magister an der Hochschule für Welthandel in Wien.

Von 1985 an arbeitete er bei einer Unternehmensberatung in Deutschland, von wo er 1988 in die Hoechst AG wechselte. Bis 1999 war er ebendort unter anderem als Chef der Unternehmensplanung und Präsident von Hoechst Marion Roussel in Japan und Großbritannien tätig.

Darauf folgten jeweils zwei Jahre als Generaldirektor, Präsident und Aufsichtsratsvorsitzender bei dem Pharmaunternehmen Aventis in Japan bzw. als Präsident bei Amersham Health. Seit 1. Mai 2006 ist Löscher Präsident Global Human Health bei Merck.

(Reuters | dpa)