Grazer lassen Microsoft in die Luft gehen
Für die 3-D-Version seines digitalen Kartendienstes Virtual Earth greift Microsoft auf steirisches Know-how zurück: Die Kameras und die Algorithmen, die die Luftaufnahmen wieder zusammenfügen, kommen aus Graz.
Im Mai 2006 kaufte Microsoft die in Graz beheimatete Firma Vexcel, die nun als Microsoft Photogrammetry die notwendige Basis für Bill Gates' Vision liefern soll: die ganze Welt dreidimensional auch auf dem Computer erlebbar zu machen.
Vexcel, ein Spin-off der Technischen Universität Graz, arbeitet seit 1985 im Bereich Kartografie, mit Fokus auf Hardware und Algorithmen.
140 Megapixel Auflösung
Das aktuellste Kameramodell, die UltracamX, ist eine Digitalkamera, bei deren Spezifikationen wohl so manchem Fotografen das Wasser im Munde zusammenlaufen dürfte: Mit einer Bildgröße von 14.430 mal 9.420 Pixel schafft sie aus einer Höhe von 300 Metern 2,2 cm Bodenauflösung.
Das entspricht einer Auflösung von 140 Megapixel und schafft Bilder in Größen von rund 400 MB.
Um diese Datenmassen entsprechend speichern zu können, ist ein eigener Server dabei, der 4,5 Terabyte fasst. Kostenpunkt für die Basisversion: 600.000 Euro.
Fotos unter extremen Bedingungen
Mit einer Hobby- oder auch Profi-Ausrüstung ist sie nicht nur auf Grund ihrer schieren Größe nicht vergleichbar: Die Kamera muss im Flugbetrieb extremen Bedingungen standhalten. Daher ist sie luftgeschützt und vibrationsentkoppelt.
Ein Zoom sucht man vergeblich: Die Optik ist fix, die Auflösung wird über die Flughöhe gesteuert.
Von 2-D nach 3-D
Sind die Bilder einmal gemacht, kommt der wirklich knifflige Teil: Die Aufnahmen müssen wieder zusammengefügt werden, ähnlich einem Puzzle.
Die Herausforderung liegt darin, dass die Bilder nur zwei Dimensionen erfassen und trotzdem zu einem 3-D-Bild verschmelzen sollen. Den Algorithmus dafür entwickelt ebenfalls Microsoft Photogrammetry, die weitere Verarbeitung erfolgt in Colorado, wo Microsofts Local Search beheimatet ist.
Für ältere Aufnahmen und Dias hat Vexcel ehemals einen eigenen Scanner entwickelt, der sich laut Angaben auch heute noch gut verkauft.
Automatisierte Puzzlelösung
Besonders stolz ist man in Graz auf die Tatsache, dass das Zusammenfügen der Bilder mit dem hauseigenen Algorithmus vollautomatisch passiert. Damit sei man der Konkurrenz weit überlegen, so der Gründer Franz Leberl anlässlich der Eröffnungsfeier des neuen Büros in Graz.
Diese Automatisierung mache es erst möglich, die Bilder auch in großem Umfang kostengünstig zu verarbeiten: "Früher wurde alles per Hand ausgerechnet."
3.000 Städte in fünf Jahren
Durch die Redundanz der Bilder, "Digitalfotografie kostet ja heute nichts mehr", erreiche man auch sehr dichte Modelle, so Leberl.
So sollen bis Ende Juni 100 Städte in 3-D-Auflösung bei Virtual Earth zu finden sein, darunter auch Graz, im nächsten Fiskaljahr sollen weitere 400 inklusive Wien dazukommen.
In fünf Jahren sollen es schließlich 3.000 Städte sein, so das ehrgeizige Ziel. "Das ist das größte Kartierprojekt", zeigt sich Leberl mehr als begeistert.
Für das notwendige Know-how wurde zudem auch eine offizielle Partnerschaft mit der TU Graz geschlossen.
(futurezone | Nadja Igler)