Kritik an Internet-Zensur in der Türkei
Die Organisation Reporter ohne Grenzen [RoG] sieht die freie Meinungsäußerung in der Türkei durch ein neues Gesetz weiter eingeschränkt.
Reporter ohne Grenzen bedauert die Bestätigung eines Gesetzes vom 4. Mai zur Internet-Zensur durch den türkischen Präsidenten Ahmet Necdet Sezer, das die Behörden verpflichtet, Websites zu blockieren, die angeblich das Andenken an den Gründer der türkischen Republik, Mustafa Kemal Atatürk, beleidigen, hieß es in einer Aussendung der Organisation.
"Zur Selbstzensur gedrängt"
"Die freie Meinungsäußerung im Internet wird immer stärker eingeschränkt", kritisierte Rubina Möhring von Reporter ohne Grenzen Österreich. "Offensichtlich sollen die Herausgeber türkischer Internetseiten durch das neue Gesetz zur Selbstzensur gedrängt werden."
"Verbrechen gegen Atatürk"
Artikel acht des Gesetzes 5.651 über "Verbrechensprävention im Computerbereich" sieht vor, dass Inhalte von Websites ausgefiltert werden, die das Gesetz über "Verbrechen gegen Atatürk" aus dem Jahr 1951 verletzen.
"Wenn hinreichende Beweise über die unzulässigen Inhalte vorliegen [...], muss die Seite blockiert werden", so das Gesetz. Neben "Verbrechen gegen Atatürk" verbietet das Gesetz auch "Anstiftung zum Selbstmord" [Art. 84], "sexuellen Missbrauch von Kindern" [Art. 103], "Prostitution" [Art. 227] und "Anstiftung zum Drogenkonsum" [Art. 190].
Provider müssen Initiative ergreifen
Türkische Internet-Service-Provider sind dazu verpflichtet, selbst die Initiative zum Ausfiltern der inkriminierten Inhalte zu ergreifen. Erst danach wird gerichtlich entschieden, ob das Ausfiltern fortgesetzt werden soll oder nicht.
Ein neuer "Telekommunikationsrat" soll die für die verbotenen Inhalte Verantwortlichen ausfindig machen. Für die Umsetzung des neuen Gesetzes soll weiters ein "Kommunikationsvorsitz" geschaffen werden.
Ein Gericht in Istanbul hatte dem nationalen Telekommunikationsunternehmen am 6. März angeordnet, wegen eines "Atatürk beleidigenden Videos" die Videoseite YouTube zu sperren. Nachdem YouTube das Video entfernt hatte, wurde der Zugang nach zwei Tagen wiederhergestellt.
(futurezone | APA)