Mehr Kritik an Vorratsdatenspeicherung
Die Wirtschaftskammer weist abermals auf die hohen Kosten der Vorratsdatenspeicherung hin, und die Grünen planen eine parlamentarische Anfrage an Verkehrsminister Werner Faymann [SPÖ].
Hans-Jürgen Pollirer, Obmann der Bundessparte Information und Consulting in der Wirtschaftskammer Österreichs [WKÖ], hat am Freitag in einer Aussendung vor den zu erwartenden finanziellen Belastungen durch die Vorratsdatenspeicherung gewarnt, die auf Unternehmen und Bürger durch den Überwachungsplan der Europäischen Union zukommen werden.
"Keiner wehrt sich gegen notwendige Maßnahmen zur Terrorbekämpfung, diese Maßnahmen müssen aber praxisgerecht sein, wobei der Staat seine Verantwortung und vor allem die Kosten nicht auf die Unternehmungen - und damit letztlich auch auf die Konsumenten - abschieben darf. Sechs Monate sind mehr als genug", so Pollirer, der sich nachdrücklich gegen Forderungen nach einer Verlängerung der Vorratsdatenspeicherung aussprach.
Die erfreuliche Entwicklung des österreichischen Informations- und Kommunikationssektors, so der WKÖ-Vertreter, dürfe nicht durch weitere wirtschaftsfeindliche Maßnahmen belastet werden.
Die Interessenvertretungen der österreichischen Medienindustrie lobbyieren dagegen massiv für eine drastische Verlängerung der Datenspeicherfrist und eine Senkung der rechtlichen Schwellen für den Datenzugriff. So sollen auch Verstöße privater Einzelpersonen gegen das Urheberrecht durch schnellen Zugriff auf die zur Terrorbekämpfung gespeicherten Vorratsdaten verfolgt werden können.
Parlamentarische Anfrage der Grünen
Die grüne Nationalratsabgeordnete Gabriela Moser kündigte in einer Aussendung vom Freitag an, in der kommenden Woche eine parlamentarische Anfrage an Faymann stellen zu wollen.
Faymanns Ministerium für Verkehr, Innovation und Technologie hat den ersten Entwurf für die Novelle des Telekommunikationsgesetzes verfasst, in dem die EU-Vorgaben zur Datenspeicherpflicht in der Telefonie umgesetzt werden sollen.
Hohe Datenspeicherkosten
In der ORF.at bereits vorliegenden Anfrage rechnet Moser vor, dass allein für die Speicherung und Verarbeitung der Absender- und Empfängerdaten von E-Mails bei einem Mail-Verkehrsaufkommen von rund 40 Milliarden pro Jahr in Österreich und einem angenommenen Kostenersatz von einem Cent pro Datensatz 400 Millionen Euro aufgewendet werden müssten.
Dazu kämen noch die Kosten für die Speicherung und Überwachung der Telekommunikation. Den Telekom-Unternehmen stünden für Überwachungsmaßnahmen laut entsprechender Kostenverordnung [BGBI II 322/2004] bereits heute Kostenersätze von 64 Euro für die Einrichtung und 6,50 Euro pro Tag und Nummer zu.
Den hohen Kosten, so Moser, stehe ein fragwürdiger Nutzen entgegen. Kriminelle könnten die Überwachungsmaßnahmen leicht umgehen. Die Vorratsdatenspeicherung sei eine "sicherheitspolitische Sackgasse" und stehe "in Konflikt mit Grundfreiheiten".
Die Grünen fragen nun, warum die Bundesregierung bisher keine Klage wegen Kompetenzüberschreitung gegen die EU-Datenspeicherrichtlinie eingelegt habe und welche Spielräume die Regierung bei der Umsetzung in nationales Recht im Sinne der Gewährleistung des Datenschutzes und der Grundrechte ausnutzen werde.
Gefragt wird weiters nach der erwarteten Höhe der Kosten für die Vorratsdatenspeicherung und danach, wer diese nun tragen solle.
Auch der Rechnungshof fordert das Ministerium in seiner Stellungnahme zur TKG-Novelle dazu auf, eine Schätzung der Kosten vorzunehmen, die durch die Vorratsdatenspeicherung auf Staat, Wirtschaft und Bürger zukämen.