Ein "Vorzeigegesetz" zum E-Government
Das E-Government-Gesetz hat am Dienstag den Ministerrat passiert. Eine Reihe von Behördenwegen soll damit ab dem nächsten Jahr online erledigt werden können und ab 2008 alle Behördenangelegenheiten.
Der Bürger benötigt dazu eine Chipkarte. Auf dieser ist die persönliche Signatur des Bürgers gespeichert, die zur Abwicklung der Verfahren legitimiert.
Bundeskanzler Wolfgang Schüssel [ÖVP] sprach nach dem Ministerrat von einem "europaweiten Vorzeigegesetz", das mit allen Bundesländern und Gebietskörperschaften abgestimmt worden sei.
Mit dem Gesetz sollen rechtliche, technische und organisatorische Infrastrukturprobleme des elektronischen Datenflusses zwischen Bürger und Behörde geregelt werden. Schüssel sprach von der "juristischen Geburt der Bürgerkarte".
"Internet-Amtshelfer"Handys und Bankomatkarten
Derartige Karten können laut Schüssel bei privaten Anbietern erworben werden. Ab 2004 seien aber auch signaturfähige Bankomatkarten geplant. Als dritte Möglichkeit des elektronischen Behördenverkehrs sollen auch Handys mit Bürgerkartenfunktionen eingesetzt werden können.
Konkret könne die Karte etwa für elektronische Steuererklärungen, für Meldebestätigungen und etwa für Strafregisterauszüge eingesetzt werden, erläuterte Reinhard Posch, Leiter der Stabstelle Informations- und Kommunikationstechnologie des Bundes.
Ziel sei es, dass bis 2008 sämtliche Behördenwege online abgewickelt werden können, erläuterte Schüssel. Natürlich müssten den Bürgern aber auch die konventionellen Wege weiter offen bleiben. Die Vernetzung sei in Österreich jedenfalls gut. 36 Prozent der Haushalte hätten bereits Internet-Zugang, 73 Prozent würden ein Handy besitzen.
Eingerichtet werde auch ein Standarddokumentenregister, das den Umgang mit der Behörde erleichtern soll. Damit entfällt zum Beispiel das Beilegen von Dokumenten bei Amtswegen. Eingeführt wird auch die Amtssignatur, das heißt die sichere elektronische Behördenunterschrift. Geregelt werde ferner die elektronische Zustellung von Dokumenten für all jene, die das wünschen. Die Zustellkosten liegen nach wie vor beim Amt, meinte Schüssel.
Der steinige Weg zum E-GovernmentWirtschaft "zufrieden"
Die Vorlage zum E-Government-Gesetz stößt unterdessen bei der Wirtschaftskammer [WKÖ] auf "Zufriedenheit", allerdings mit einer Einschränkung:
Die Behördenzuständigkeit bei der Stammzahlenverwaltung, sprich der Kennzahl für behördliche Verfahren, sollte nicht bei der Datenschutzkommission, sondern bei der Telekom-Regulierungsbehörde RTR liegen, wünscht sich die WKÖ in einer Pressemitteilung von heute.
"Beim Zustellwesen wurde die Einbeziehung der Wirtschaft klarer festgeschrieben, in Sachen Amtssiegel wurden Forderungen der Wirtschaftskammer zumindest teilweise berücksichtigt, und wichtige Frage der Definition von Formaten wurden aufgegriffen", zieht der E-Government-Sprecher des Fachverbands Unternehmensberatung und Informationstechnologie [UBIT], Dieter Zoubek, unterm Strich eine positive Bilanz.
Die Zuständigkeit der Datenschutzkommission bei der Stammzahlenverwaltung hingegen wäre "legistisch nicht ganz sauber", da in diesem Fall die Aufsichtsbehörde auch operative Aufgaben hätte, so Zoubek. Änderungen während der Begutachtungsphase des Gesetzes erwartet Zuobek am ehesten im Datenschutzbereich.
Österreich-Konvent "brüskiert"
Unzufrieden zeigte sich unterdessen die SPÖ über den Beschluss des E-Government-Gesetzes im Ministerrat: Die Regierung brüskiere damit den Österreich-Konvent, der im Rahmen der Verwaltungsreform auch das Thema E-Government behandeln habe wolle, meinte SP-Konsumentenschutzsprecher Johann Maier, der auch stellvertretender Vorsitzender des Datenschutzrates ist.
Der Beschluss falle auch gegen eine Reihe von negativen Stellungnahmen und berücksichtige offene Fragen des Datenschutzes nicht, kritisierte Maier in einer Aussendung.
Maiers Forderung: Der Gesetzesentwurf müsse im zuständigen Verfassungsausschuss des Parlaments unter Beiziehung von Experten diskutiert werden.
Er warne vor einem "Durchpeitschen" mit 1. Jänner 2004, so Maier. Außerdem habe auch Rechnungshof-Präsident Franz Fiedler festgestellt, dass die Frage der Kostenwahrheit nicht gelöst sei. Maier befürchtet, "dass vor allem für die kleinen Gemeinden hohe Kosten anfallen werden".
Besonders bedenklich sei die Verwendung der Bürgerkarte im privaten Bereich. Bankomat- oder Kreditkarten mit behördlichen Daten anzureichern, sei ein "extremer Eingriff in die Privatspähre" der Bürger. Wenn die Bankomatkarte künftig auch als Krankenscheinersatz verwendet werden solle, dann sei damit die "Orwellsche Schreckensvision" des "Gläsernen Bürgers" verwirklicht, so Maier.