Geldspritze für europäische Start-ups
In Österreich und Europa herrscht durchaus Gründungswille, nur wenige Start-ups schaffen jedoch den Sprung auf das internationale Parkett. Wirtschaftskammer und Risikokapitalexperten erklärten am Freitag in Wien, worauf es beim Sprung ins Ausland und der Suche nach Geldgebern ankommt.
Bei der ersten Europäischen Konferenz für semantische Technologien [ESTC 2007], die am Freitag in Wien zu Ende ging, drehte sich alles um die Wirtschaftlichkeit neuer Entwicklungen.
In dem Workshop "Commercializing New Technology" widmeten sich die Außenwirtschaftsorganisation [AWO] der Wirtschaftskammer und Experten aus der Venture-Capital-Branche [Risikokapital], der internationalen Vermarktung von Ideen und technischen Innovationen.
Österreichische Exportquote: 57 Prozent
Laut AWO-Leiter Walter Koren betrug die österreichische Exportquote 2006 immerhin 57 Prozent, das heißt, fast sechs von zehn Euro wurden im Handel mit dem Ausland erwirtschaftet. Firmen mit hohem Auslandserfolg seien meist in Nischen tätig. "Viele müssen aber erfahren, dass sich hervorragende technologische Leistungen nicht von selbst verkaufen", so Koren.
Für die Vermarktung sei oft kein Geld mehr übrig. Es gelte aber, den Zielmarkt wie die Konkurrenz genau zu beobachten und mögliche Partner zu identifizieren, Lizenzen und Patente frühzeitig zu sichern. Unterstützung würden die weltweit 107 Stützpunkte der AWO bieten, die unter anderem in Vermarktungsfragen beratend tätig werden.
Finanzielle Unterstützung für Unternehmen gebe es seitens der Internationalisierungsoffensive "go international", einer Initiative der AWO und des Wirtschaftsministeriums, so Koren. Vier der 32 Fördermaßnahmen der Internationalisierungsoffensive seien speziell für Technologieunternehmen geschaffen.
Österreich bei Risikokapital EU-Schlusslicht
Der Auslandsösterreicher Hermann Hauser, der bereits 50 High-Tech-Firmen - darunter "drei Milliardenfirmen" - gegründet hat, betreibt seit 1997 die Risikokapitalfirma Amadeus Capital Partners im britischen Cambridge - dem Nummer-eins-High-Tech-Cluster in Europa. Rund 400 Businesspläne erhalte er im Jahr, lediglich 40 davon schafften es überhaupt in die engere Wahl, rund vier Projekte bekämen schließlich auch Kapital.
In Österreich hat Hauser bisher noch nicht investiert, in Sachen Venture-Capital sei man hier zu Lande meist Europa-Schlusslicht. Auf Platz eins befinde sich England, gefolgt von Frankreich. Erstmals interessiere sich Amadeus jedoch für ein Grazer Start-up auf dem Halbleitersektor, laut Hauser befinde man sich hier aber noch in der Begutachtungsphase.
Der Westen gibt den Ton an
Bei den Unternehmensgründungen sieht Hauser den angelsächsischen Raum als führend, weil es in den USA und England weit weniger bürokratische Hürden und regionale Interessenkonflikte gebe. Auch die Entwicklungsgeschwindigkeit werde im Westen vorgegeben. Der Blick müsse weiter dorthin gerichtet werden, was aber in Österreich in der Osteuphorie teilweise untergehe.
Technologie ohne "nationales Mascherl"
Während Hauser meist nur an Firmen interessiert ist, die bereits im Geschäft sind, geht Gerhard Plasonig, WU-Absolvent und ehemaliger Berater am MIT, mit seiner Investmentfirma GP International den umgekehrten Weg: "Wir haben Beziehungen mit 67 Unis und suchen uns die Projekte aktiv aus. So erfahren wir die Dinge, wenn sie passieren."
Seiner Meinung nach gebe es weltweit nur drei Bereiche, die grenzenübergreifend von Interesse seien: Kultur, Sport und Technologie - diesen könne kein "nationales Mascherl" umgebunden werden: "Es geht nicht um 'österreichisch'. Es gibt nur gute oder schlechte Technologie", so Plasonig.
Erfolgsstory Jajah
Als Paradebesipiel für ein in Österreich gegründetes Technologieunternehmen, das den Sprung ins Silicon Valley geschafft hat, gilt der VoIP-Anbieter Jajah, der Geldspritzen von Sequoia Capital und Intel Capital erhalten hat. Zuletzt erwarb die Deutsche Telekom Anteile an dem Unternehmen.
Keine Rückkehr zur Dot.com-Blase
Dass der derzeitige Boom auf dem High-Tech-Sektor mit Milliardenübernahmen a la eBay-Skype und Google-YouTube auf eine neue Blase wie im Jahr 2000 hindeutet, glauben die Experten nicht. Die Branche sei zwar laut Hauser sehr viel aktiver als in den letzten Jahren. Ein hoher Börsenwert erlaube solche Transaktionen, eine starke Börsenaktivität sei wiederum für Venture-Capital sehr wichtig.
"Der Dot.com-Boom war ein Phänomen, das nur alle 50 bis 70 Jahre auftritt", erklärte Plasonig. Mittlerweile habe sich ein normalerer Zyklus eingestellt. Außerdem sehe er nicht, dass ins nichts investiert werde: "EBay hat zum Beispiel die Skype-Übernahme sehr gut verkraftet."
Weniger Projekte, höhere Qualität
Generell sei laut Plasonig deutlich spürbar, dass bei den Jungen Begeisterung für Start-ups herrsche, auch die nötigen Skills seien vorhanden. "Das Qualitätsmaterial, das von den Unis kommt, ist heute etwa im Vergleich zu den 80er Jahren sensationell", lobte er.
Generell gebe es zwar weniger Projekte, die Qualität sei aber wesentlich besser als im Jahr 2000, wo "vieles nicht einmal das Papier wert war, auf dem es geschrieben wurde", zog Hauser Bilanz.
(futurezone | APA | Nayla Haddad)