EU-Strafrecht gegen Tauschbörsennutzer

05.06.2007

Die deutsche EU-Ratspräsidentschaft ist dabei, die wichtigste Änderung des EU-Parlaments an der neuen Richtlinie zum "Schutz geistigen Eigentums" rückgängig zu machen. Gewöhnliche Tauschbörsennutzer werden wieder strafrechtlich bedroht.

Die umstrittene EU-Richtlinie zur strafrechtlichen Durchsetzung geistiger Eigentumsrechte [IPRED2] ist auf dem Weg durch die Institutionen bis zu ihrer formalen Verabschiedung. Nach dem Passieren des EU-Parlaments ist sie in der Ratsarbeitsgruppe "Substantial Criminal Law Working Committee" [DROIPEN] angelangt.

Parallel dazu stehen "Copyright"-Themen auch beim G-8-Gipfel in Heiligendamm auf dem Programm, eingeladen hat die deutsche Bundesregierung, die momentan neben dem EU-Vorsitz auch die G-8-Päsidentschaft stellt.

G-8, Piraten

Bereits auf dem G-8-Ministertreffen Ende Mai hatten sich die "großen acht" auf einen stärkeren Schutz des geistigen Eigentums und den Kampf gegen Produktpiraterie eingeschworen.

Der wichtigste Aspekt dieses zweiten EU-weiten Anlaufs zum Schutz der Eigentumsrechte ist, ob tatsächlich nur die Strafverfolgung Krimineller wie Produktpiraten auf dem Plan steht - oder ob Millionen Tauschbörsen-User in der EU nach der zivilrechtlichen nun auch strafrechtliche Verfolgung befürchten müssen.

"Gewerbsmäßiger Umfang"

Es geht um die Definition des "gewerbsmäßigen Umfangs" von Coypright-Verletzungen, was dem Parlament ein großes Anliegen war und so ausfiel: "jede zur Erlangung direkter oder indirekter wirtschaftlicher oder kommerzieller Vorteile verübte Verletzung eines Rechts an geistigem Eigentum; Handlungen privater Nutzer für persönliche und nicht gewinnorientierte Zwecke wären hierin nicht enthalten".

Enduser seien damit zwar nominell ausgenommen, aber nicht im sicheren Bereich, hatte die EU-Parlamentarierin Eva Lichtenberger [Grüne] gemeint. Die Judikatur über die Gewinnabsicht sei nämlich leicht umgehbar.

Passage kam abhanden

Das trifft dann ganz besonders zu, wenn der Zusatz über "private Nutzer" und "persönliche, nicht gewinnorientierte Zwecke" in der Richtlinie nicht mehr enthalten ist.

In einem den zuständigen EU-Beamten der DROIPEN-Arbeitsgruppe am Montag vorgelegten Papier der deutschen EU-Ratspräsidentschaft fehlt diese Passage des Parlaments plötzlich.

Im vorletzten Punkt der sieben "Amendments" ["Verbesserungen"] der deutschen Ratspräsidentschaft heißt es zur Definition von "kommerziellem Ausmaß" schlicht: "jeder Verstoß gegen ein Urheberrecht, der begangen wird, um einen kommerziellen Vorteil zu erlangen".

"Verbesserungen"

"Verbessert" werden soll dadurch Artikel 2 (b), Absatz 1 der Richtlinie, die damit wieder sämtliche Tauschbörsennutzer erfassen würde. Der illegale Download eines Songs, der legal Geld kosten würde, ist logischerweise ein kommerzieller Vorteil.

"Amended proposal for a Directive of the European Parliament and of the Council on criminal measures aimed at ensuring the enforcement of intellectual property rights", verfasst wurde das Dokument am 29. Mai 2007.

Die neue deutsche Welle

Die deutsche EU-Ratspräsidentschaft fährt hier einen Kurs, wie ihn die Kulturindustrie seit Jahren fordert. Auch auf nationaler Ebene ist das ganz offensichtlich, wie etwa die Umsetzung der Richtlinie zur Vorratsdatenspeicherung zeigt.

Dieses erklärtermaßen für den Zweck der Terrorbekämpfung erlassene EU-Regelwerk wurde in Deutschland zur Verfolgung von Tauschbörsennutzern umfunktioniert.

(futurezone | Erich Moechel)