Analoge Elektronik, sehr gesucht

12.06.2007

Die großen österreichischen Chiphersteller austriamicrosystems, NXP und Infineon suchen immer mehr Ingenieure mit Elektronik-Kenntnissen. An der TU Graz, der FH Joanneum, HTLs und Schulen läuft deshalb eine Ausbildungsinitiative mit der Industrie. Berufschancen: "exzellent".

Ausbildung an der TU Graz

"Im Moment haben wir etwa 25 Leute in Kernvorlesungen", sagte Wolfgang Pribyl, Leiter des Instituts für Elektrotechnik und Elektronik der TU Graz, zu ORF.at. "Wir hoffen aber sehr auf mehr Zulauf, denn in diesem Herbst beginnt bei uns der Master-Studiengang für analoges Chipdesign."

Vor einem Jahr wurde an der Grazer TU damit begonnen, dem sich damals bereits abzeichnenden Engpass bei Chip-Designern zu begegnen.

Den dafür eingerichteten Bachelor-Studiengang erweiterte die TU nun um die Möglichkeit, weiterzustudieren und mit einem Master abzuschließen, dessen Absolventen dann den Titel "Diplomingenieur der Elektrotechnik" tragen dürfen.

"Viel zu wenige Frauen"

Zum Leidwesen Pribyls und der Chipindustrie, die momentan an die 300 Stellen nicht besetzen kann, hat sich noch viel zu wenig herumgesprochen, "dass Mikroelektronik nicht die Probleme unserer Zeit schafft, sondern sie zu lösen hilft".

Leider würden sich noch "viel zu wenige Frauen" für ein solches Studium interessieren, sagte Pribyl. Gerade im Technikbereich seien gemischte Teams deutlich produktiver, die Berufssaussichten für alle Studenten seien "exzellent". Das gelte sowohl für den regionalen Bereich, wie auch für jene, die es ins Ausland ziehe.

Analoge Chips

Die Halbleiterindustrie, die hier zu Lande großteils in der Steiermark und Kärnten angesiedelt ist, sucht mit vermehrter Dringlichkeit Designer für analoge Chips. Die drei großen Produzenten austriamicrosystems, NXP und Infineon sind auch die maßgeblichen Förderer des Master-Studiengangs.

Trotz aller Digitalisierung sind gerade die kritischen Komponenten bei elektronischen Geräten wie MP3-Playern, Handys usw. immer noch zwangsläufig analog.

Diese Chips sitzen nämlich gewissermaßen an der Schnittstelle zum Menschen, sie steuern Mikrofon-Eingänge ebenso an wie Lautsprecher-Ausgänge, die Stromversorgung, den Funkteil. Letztlich entscheidet also die Qualität der Analogchips in Geräten aller Art, ob diese vom Käufer als gut bewertet werden oder nicht.

"Völlig andere Art des Denkens"

Genau für diesen wichtigen analogen Part aber fehlen der Industrie in zunehmendem Maße Designer, die deutlich andere Qualifikationen aufweisen müssen, als Techniker, die rein digitale Chips entwerfen.

Während letztere eher wie Programmierer arbeiten, sei mit dem Analogdesign eine "völlig andere Art des Denkens", gepaart mit physikalischem Wissen, vor allem aber guten Elektronikkenntnissen verbunden.

Ingenieurstudien wenig beliebt

"Ingenieurstudien haben mitteleuropaweit keine besondere Beliebtheit und gerade in Phasen wie jetzt, wo weltweit die Wirtschaft floriert, und der Bedarf eigentlich hoch ist, sinkt das Angebot stetig", beklagt Hubert Berger, Leiter des Studiengangs "Elektronik- und Technologie-Management" der FH Joanneum in Kapfenberg.

Trotz aller Anstrengungen und Kooperationen mit Chipherstellern wie AMS, Infineon, NXP, Sensor Dynamics oder auch Magna Steyr können weder die FH noch die Industrie zufrieden sein: Die Branche beschwere sich sogar, "weil wir ihnen nicht genügend Studenten vermitteln können" sagt Berger.

Ausbildung an der FH

"Es haben sich heuer nur 20 Personen beworben, obwohl wir 30 Plätze anbieten und eigentlich mehr aufnehmen könnten. Wir haben nun alles getan, um den Einstieg für Maturanten leichter zu machen", so Berger zu ORF.at. Der Stundenplan werde im ersten Jahr "an die Maturanten von AHS oder HAK angepasst, weil die ja nicht dieselbe Ausbildung wie HTL-Absolventen hinter sich haben".

Leider werde in Österreich generell schon in der Oberstufe auf Bereiche wie Elektrotechnik und Elektronik zu wenig Wert gelegt, sagt Berger, der - bei gleich bleibendem Trend - für die Zukunft deshalb mit kaum mehr als 15 Absolventen pro Jahr rechnet.

Ausbildung an der HTL

Gegen die schulischen Defizite wiederum setzen AMS, NXP und Infineon eine Ausbildungskooperation an der HTL BULME in Graz-Gösting. In der Abteilung für Elektronik und Technische Informatik gibt es einen Schwerpunkt für Hardware- und Softwaredesign.

Die Unternehmen unterstützen die so genannte "SemiCon-Klasse" mit Laborausrüstung und Software, wie auch an den anderen Bildungsinstitutionen arbeiten die Studierenden mit professionellem Industriematerial.

Design von Funkchips

Speziell an Designer von Funkchips - die gleichfalls neben digitalen analoge Komponenten enthalten - wendet sich die PROACT-Initiative, die an der TU Graz zweimal jährlich Spezialkurse anbietet.

Am 24. und 25. September veranstaltet PROACT [Programme for Advanced Contactless Technology] den ersten internationalen Workshop für Funkchips in Wien.

(futurezone | JUK04 FH Joanneum)