Ogg Vorbis mit Akzeptanzproblemen

13.06.2007

Die Free Software Foundation [FSF] will mit der Kampagne "Play Ogg" den freien Audio-Codec Ogg Vorbis zum Konkurrenten für das Musikformat MP3 aufbauen. Die Nachfrage nach Ogg Vorbis ist jedoch verhalten. Das liegt nicht zuletzt an der mangelnden Unterstützung des Formats durch Hersteller digitaler Musik-Player.

"Die Nachfrage nach Ogg Vorbis war dermaßen gering, dass es wirtschaftlich keinen Sinn mehr machte, das Format anzubieten", sagte Rodja Schmitz-Hübsch vom Hamburger Online-Musikvertrieb Finetunes.

Ende 2006 stellte Finetunes deshalb nach drei Jahren den Verkauf von Ogg-Vorbis-Files ein und bietet nun Musik ausschließlich im MP3-Format an. Dabei soll es bis auf weiteres auch bleiben, obwohl Ogg Vorbis sehr gut sei, wie der Finetunes-Mitarbeiter einräumte.

Gute Qualität

An der Qualität des freien Audio-Codecs zweifeln die wenigsten. Vor allem bei niedrigeren Bitraten [um 64 kBit/s], ist Ogg Vorbis nach Meinung zahlreicher Experten dem proprietären Konkurrenzformat MP3 überlegen.

Ogg Vorbis ist ein freier Codec zur Audiokompression, der von der Xiph.Org Foundation entwickelt wurde. Es unterstützt bis zu 255 Kanäle mit variabler Bitrate und ist streamingfähig.

"Play Ogg"

Im Gegensatz zum proprietären MP3-Format fallen für die Verwendung von Ogg Vorbis auch keine Lizenzgebühren an, betonte die Free Software Foundation Mitte Mai zum Start ihrer Kampagne "Play Ogg", die dem freien Audioformat auf die Sprünge helfen soll.

Aus gutem Grund: Denn bisher fristet Ogg Vorbis in der digitalen Musikwelt ein Schattendasein.

"Play Ogg" bewirbt Ogg Vorbis als "ethisch, legal und technisch überlegene" Alternative zum MP3-Format. Im Rahmen von "Play Ogg" werden Ogg-freundliche Websites und Musik-Player vorgestellt, daneben gibt es Tipps zur Installation von Software und Plug-ins zum Abspielen von Ogg Vorbis unter Windows und Mac. Linux-Distributionen unterstützen das Format ohnehin.

Große Hersteller zeigen kalte Schulter

Nach Meinung von Marktbeobachtern ist der Grund für die mangelnde Akzeptanz des freien Formats vor allem in der fehlenden Kompatibilität zum Gros der portablen Abspielgeräte zu suchen.

Während Ogg-kompatible Geräte unter anderem von den Herstellern iRiver und Samsung angeboten werden, zeigen große Hersteller wie Apple [iPod] und Creative dem freien Musikformat die kalte Schulter.

Neben iRiver und Samsung bieten auch LG, Grundig, iAudio und TEAC portable Abspielgeräte mit Ogg-Vorbis-Unterstützung an. Eine ausführliche Liste mitt Ogg-Vorbis-kompatiblen Geräten findet sich bei der Xiph-Foundation:

Zweifel an Lizenzfreiheit

Dazu trägt auch bei, dass viele Hardware-Hersteller Zweifel an der Patent- und Lizenzfreiheit von Ogg Vorbis hegen.

Bis heute gebe es Anwälte, die davor warnten, dass auch die Nutzung von Ogg ins Visier von Patent- und Lizenzinhabern geraten könnte, sagte Ogg-Vorbis-Erfinder Chris Montgomery im Februar dem US-Technologiemagazin "Wired".

Kurz davor wurde der US-Softwarekonzern Microsoft von einem US-Gericht zu einer Schadenersatzzahlung von 1,5 Milliarden Dollar an Alcatel-Lucent verdonnert. Alcatel-Lucent warf Microsoft vor, zwei seiner Patente am MP3-Format im Windows Media Player ohne Erlaubnis genutzt zu haben. Microsoft betrachtete das Urteil als ungerechtfertigt und verwies auf Lizenzzahlungen an die Fraunhofer Gesellschaft.

"Kein Kommentar"

Beim Marktführer im Geschäft mit digitalen Musik-Playern, dem iPod-Produzenten Apple, wurde eine Anfrage zu einer möglichen künftigen Unterstützung von Ogg Vorbis mit "kein Kommentar" beantwortet.

Anfragen von ORF.at bei anderen Herstellern blieben unbeantwortet.

Wer seinen iPod [ab der vierten Generation] mit dem freien Musikformat kompatibel machen möchte, dem kann mit dem Open-Source-Firmware-Ersatz Rockbox geholfen werden. Dadurch wird zwar das Interface des iPod verändert, dafür wird neben Ogg Vorbis unter anderem auch das Format Flac unterstützt. Achtung: Der Garantieanspruch auf das Gerät wird durch die Installation von Rockbox aufgegeben.

"Freie-Musik-Enthusiasten"

Finetunes ist nicht der einzige Online-Musikshop, der Ogg-Vorbis-Files wieder aus dem Angebot nahm. "Die Labels und Künstler, die bei uns ihre Musik bereitstellen haben damit aufgehört, Ogg-Vorbis-Files anzubieten", hieß es auch beim französischen Neomusicstore.

Das liege nicht nur daran, dass das Format mit vielen Musik-Playern nicht kompatibel sei, sagte ein Sprecher des Online-Musik-Shops: Viele Ogg-Enthusiasten seien auch Liebhaber freier Musik.

Im Online-Musikhandel sind Ogg-Vorbis-Files unter anderem noch beim russischen Download-Anbieter AllofMP3.com erhältlich. Der geriet wegen seiner Preis- und Lizenzpolitik in den vergangenen Monaten jedoch zunehmend unter Druck.

Auch Netlabels rücken vom Format ab

Während Ogg Vorbis im kommerziellen Online-Musikgeschäft offenbar ein Akzeptanzproblem hat, ist es unter Netlabels, die ihre Musik größtenteils kostenlos zur Verfügung stellen, vergleichsweise weit verbreitet.

Aber auch hier sind viele Labels bereits dazu übergegangen, Musik-Files im MP3-Format anzubieten.

"Doppelt so viel Speicherplatz"

Vor allem jüngere Netlabels würden mittlerweile ausschließlich MP3s zum Download anbieten, meinte Moritz "mo" Sauer, Buchautor [Websites für Musiker, DJs und Netlabels, O'Reilly Verlag] und Herausgeber des Online-Magazin Phlow, das ein extensives Verzeichnis von Netlabel-Musik führt.

Biete man MP3 und Ogg Vorbis an, bedeute das nicht zuletzt auch doppelt so viel Speicherplatz. "Wenn man das selber hostet kann das schon ein Problem sein", sagte Sauer.

"Bequemlichkeit führt zum Monopol"

Auch er sieht den Grund für die geringe Nachfrage am Format in der mangelnden Unterstützung durch Hard- und Software-Hersteller und den dadurch entstehenden Aufwand, Software und Abspielgeräte für das Format kompatibel zu machen.

"Die Bequemlichkeit der Menschen führt dazu, dass sich bestimmte Sachen monopolisieren", meinte Sauer, der für das "Zeit"-Online-Jugendmagazin Zuender eine Netlabel-Rundschau betreut.

"Wenn ich für Zuender Netlabels aussuche, die ihre Musik als Ogg Vorbis veröffentlichen, frage ich mich oft, ob die Leute das dann überhaupt hören können", so Sauer: "Es gibt zu viele Abspielbarrieren, die die Verbreitung des Formats hemmen."

"Ideologische Frage"

Früher sei die Veröffentlichung im Ogg-Vorbis-Format für Netlabels auch eine ideologische Frage gewesen, erzählte Sauer.

Heute hätten viele Netlabels Ogg Vorbis hingegen gar nicht mehr auf dem Radar.

Eine ausführliche Übersicht zu Media-Playern, Software und Plug-ins rund um das freie Audioformat Ogg Vorbis für Windows-, Mac- und Linux-Betriebssysteme findet sich auf den Seiten der Xiph-Foundation:

(futurezone | Patrick Dax)