Internet-Anbieter als Copyright-Sheriff
Der US-Telekommunikationskonzern AT&T schlägt sich auf die Seite der Musik- und Filmindustrie und will den Tausch urheberrechtlich geschützter, nicht lizenzierter Inhalte in seinem Netzwerk künftig unterbinden.
AT&T arbeite gemeinsam mit Hollywood-Studios und Musikkonzernen an der Entwicklung von Technologien, die Urheberrechtsverletzungen im Netzwerk des größten US-Telekom- und -Internet-Service-Providers künftig verhindern sollen, kündigte AT&T-Vizepräsident James W. Cicconi am Mittwoch an.
Dazu sollen auch Nutzer, die besonders häufig Urheberrechtsverletzungen begehen, ins Visier genommen werden, berichtete die "Los Angeles Times". Der US-Konzern ist der weltweit erste Internet-Provider, der die Urheberrechtsverletzungen seiner Nutzer sanktionieren will.
"Interessen eng mit Hollywood verbunden"
Das Unternehmen habe durch den Verkauf von Pay-TV-Diensten bemerkt, dass seine Interessen eng mit Hollywood verbunden seien. Die Unternehmensspitze habe sich daher dazu entschlossen, der Unterhaltungsindustrie beim Schutz digitaler Inhalte zu helfen, sagte Cicconi gegenüber der Zeitung.
Unterhaltungsindustrie erfreut
Vertreter der Unterhaltungsindustrie begrüßten naturgemäß die Entscheidung des Unternehmens: Mit Hilfe von AT&T werde es gelingen, einen dynamischen Marktplatz für digitale Inhalte zu entwickeln, sagte ein Sprecher des US-Medienkonzerns Viacom.
"Verlorene Schlacht"
Kritiker bezeichneten den Vorstoß des Providers hingegen als bereits "verlorene Schlacht".
AT&T würde damit nur seine Kunden verärgern, hieß es. Das Unternehmen solle seine Anstrengungen besser darauf verwenden, Anreize zum Kauf digitaler Inhalte zu schaffen, sagte Fred von Lohmann von der Internet-Bürgerrechtsbewegung Electronic Frontier Foundaton [EFF] der Zeitung.
Die EFF hatte AT&T vor kurzem geklagt, weil das Telekom-Unternehmen Kundendaten an den US-Geheimdienst weitergegeben hat.
AT&T allein auf weiter Flur
Andere US-Telekoms hatten sich bisher geweigert, mit der Unterhaltungsindustrie zusammenzuarbeiten. So weigerte sich etwa Verizon Mitte März vor einem US-Gericht, Namen von Tauschbörsennutzern bekannt zu geben.
Auch dem Ansinnen Hollywoods nach der Überwachung seiner Netzwerke mit "Anti-Piracy Tools" erteilte das Unternehmen eine Absage.
"In Österreich schwer vorstellbar"
In Österreich wären derartige Eingriffe schwer vorstellbar, sagte Kurt Einzinger, Generalsekretär der Internet Service Provider Austria [ISPA], gegenüber ORF.at.
Dafür fehle die rechtliche Grundlage. "Es gibt auch das Telekom-Geheimnis, das es dem Provider verbietet, nachzusehen, was sein Kunde tut", sagte Einziger. Sinnvoller wäre es laut Einzinger, wenn die Unterhaltungsindustrie endlich ihre Geschäftsmodelle dem Internet anpassen würde.
Lobbyistenverbände der Unterhaltungsindustrie versuchen bereits seit längerem, die Provider in den Kampf gegen den illegitimen Tausch von Inhalten einzubiezehen. Vor kurzem wollte der internationale Verband der phonographischen Industrie [IFPI] die Provider dazu verpflichten, bei Urheberrechtsverletzungen im großen Stil Nutzer-Accounts zu sperren.
(futurezone | Los Angeles Times)