Yahoo-Chef Terry Semel zurückgetreten
Der zuletzt glücklos agierende Chef des Internet-Unternehmens Yahoo, Terry Semel, ist zurückgetreten. Yahoo-Mitgründer Jerry Yang rückt auf den Chefsessel nach. Yahoo-Aktien legten im nachbörslichen Handel um sechs Prozent zu.
Nach heftiger Kritik von Aktionären trat Semel zurück. Wie das Internet-Unternehmen am Montag mitteilte, wird Yang künftig das Ruder als neuer CEO übernehmen.
Susan Decker wird Präsidentin
Zudem ernannte die Firma die frühere Finanzchefin Susan Decker zur Präsidentin. Sie wird das Werbe- und Mediengeschäft des Unternehmens leiten. Die Börse reagierte positiv auf die Nachrichten: Yahoo-Aktien legten im nachbörslichen Handel rund sechs Prozent zu.
Semel war erst vor kurzem auf der Yahoo-Hauptversammlung ins Kreuzfeuer der Kritik geraten: Die Aktionäre warfen ihm vor, keine konkreten Pläne zu haben, wie das Unternehmen im Wettkampf mit Google verloren gegangenen Boden wieder gutmachen könne. "Das vergangene Jahr war ein schwieriges Jahr für Yahoo", sagte Semel. "Ich weiß, dass keiner von uns mit den Ergebnissen zufrieden ist."
Das Flickr-Desaster
Als Paradebeispiel für Semels mangelhafte Strategie kann der Umgang Yahoos mit dem von ihm zugekauften Online-Fotodienst Flickr gelten.
Yahoo schien nie etwas mit Flickr anfangen zu können, lange existierte das Web-2.0-Vorzeigeprojekt parallel zu Yahoos eigenem Fotodienst, auch die neuen, unter Yahoo eingeführten Features wie die Kamerasuche waren eher verzichtbar.
Dazu kommen, für einen Medienkonzern eigentlich unverzeihlich, massive Kommunikationsprobleme im Umgang mit Kunden und Presse. Als vergangene Woche auch eine deutschsprachige Version von Flickr gestartet wurde, führte Yahoo auch eine Pflicht zur Selbstkategorisierung hochgeladener Fotos ein.
User fanden schnell heraus, dass sich in der deutschsprachigen Version über die Suchfunktion nur als unbedenklich markierte Bilder auffinden ließen. Yahoo reagierte auf die massiven Proteste der deutschsprachigen User viel zu spät und mit vagen Hinweisen auf Gesetze in Deutschland, welche die Aktion notwendig machen würden.
Medienzukauf ohne Strategie
Semel hatte die Leitung von Yahoo vor sechs Jahren übernommen, als das Unternehmen nach dem Platzen der Blase auf dem Technologiemarkt Verluste schrieb. Sein Verdienst ist es, dass sich Yahoo auf das Werbe- und Mediengeschäft konzentriert hat.
Auf dem lukrativen Online-Anzeigenmarkt ist das Unternehmen gegenüber Google aber zuletzt massiv zurückgefallen, auch neue Internet-Kontaktseiten wie MySpace machten dem Unternehmen zusehends zu schaffen. So kündigte Yahoo nun auch an, dass im zweiten Quartal mit einem Umsatz am unteren Ende der eigenen Prognosespanne von 1,2 bis 1,3 Milliarden Dollar zu rechnen sei.
Yahoo schaffte im ersten Quartal 2007 ein Nettoergebnis von 142 Millionen US-Dollar. Der Umsatz betrug rund 1,7 Milliarden US-Dollar, das Unternehmen konnte zehn Cent Gewinn pro Aktie verbuchen.
Eigentlich ist Yahoo in den schwarzen Zahlen. Nur reicht die Marktperformance gegen einen Gegner wie Google nicht aus. Google machte im ersten Quartal gut eine Milliarde US-Dollar Gewinn und baut seine Dominanz auf dem Online-Werbemarkt schnell und vor allem strategisch klug aus.
Das "Erdnussbutter-Manifest"
Aufsehen erregte jüngst auch ein internes Memo von Vizepräsident Brad Garlinghouse - das "Erdnussbutter-Manifest" -, das über das "Wall Street Journal" publik wurde. Höchstwahrscheinlich mit Absicht. In dem Papier fordert Garlinghouse einen Stellenabbau von rund 20 Prozent der weltweit 10.000 Mitarbeiter und kritisiert unter anderem die unübersichtliche Führungsstruktur des Unternehmens.
Yahoos Investmentstrategie sei, als ob man Erdnussbutter zu dünn auf eine Scheibe Brot streiche. Die Firma wolle es allen recht machen und verzettele sich daher.
Übernahmereifer Veteran
Der Wechsel an der Konzernspitze nährte auch Spekulationen, dass sich Yahoo für einen radikaleren Umbau in Stellung bringt. In einem Bericht des Fernsehsenders CNBC wurde über eine Partnerschaft oder einen Zusammenschluss mit Rivalen wie Microsoft, Time Warners AOL oder MySpace von News Corp spekuliert.
Yang hatte Yahoo vor 13 Jahren gemeinsam mit seinem Kommilitonen David Filo als Navigationshilfe in den Anfangstagen des Internets gegründet. Mehr als ein Jahrzehnt war der gebürtige Taiwanese Yahoo-Chef. "Auch wenn es eine gewaltige Herausforderung ist, ich bin bereit", sagte der 38-Jährige nach seiner Rückkehr an die Unternehmensspitze.
Chinesische Bürgerrechtler werfen Yahoo und dessen Partnerunternehmen Alibaba.com vor, durch ihre Kooperation mit den chinesischen Behörden Dissidenten der Folter auszuliefern. Zwei von ihnen haben Yahoo nun in den USA geklagt.
(Reuters)