FSFE veröffentlicht Fragen zu OO-XML
Streit über Office-Standards geht weiter
Die Free Software Foundation Europe hat am Dienstag einen Fragenkatalog zur Standardisierung von Office Open XML [OO-XML] alias ECMA 376 an die nationalen Standardisierungsgremien der ISO veröffentlicht.
Die nationalen Standardisierungsgremien beraten zurzeit im Fast-Track-Verfahren darüber, ob das von Microsoft entworfene und von der ECMA standardisierte Bürodatenformat Office Open XML zum ISO-Standard erhoben werden soll. Die Gremien haben für ihre Entscheidung bis zum 2. September Zeit.
Standards und Aufgaben
Da die ISO das ECMA-Microsoft-Format Anfang März für das Fast-Track-Standardisierungsverfahren zugelassen hat, stehen die Chancen für Microsoft nicht schlecht, dass sein XML-Office-Format noch 2007 ISO-Standard wird. Seit Anfang April ist ECMA 376 offiziell "Draft International Standard".
Die FSFE und die unter anderem von Sun und IBM unterstützte Organisation OASIS, die das OpenOffice-Format ODF durch die ISO-Standardisierung begleitet hat, argumentieren, dass es keinen Bedarf für ECMA 376 gebe, weil mit ODF ja schon ein Standard für XML-basierte Office-Dokumentenformate vorhanden sei.
Fragen an die Gremien
Mit ihren sechs Fragen, die sich die nationalen Standardisierungsgremien selbst stellen sollen, fasst die FSFE nochmals ihre zentralen Argumente zusammen. Sie fragt danach, ob Office Open XML an spezifische Produkte und Firmen gebunden sei.
Die FSFE wirft Microsoft auch vor, MathML und SVG nicht in der OO-XML-Spezifikation vernachlässigt zu haben. Die von Microsoft viel zitierte Rückwärtskompatibilität zu den eigenen Formaten vernachlässige andere Hersteller. Es sei nicht möglich, ohne Microsofts Hilfe Anwendungen zu erstellen, die zu alten Microsoft-Dokumenten ähnlich gut kompatibel seien wie die Software aus Redmond selbst.
Weiterhin fragt die FSFE danach, ob es in Office Open XML auch keine proprietären oder versteckten Erweiterungen gebe und ob Sicherheitmaßnahmen gegen eine Implementierung ebensolcher existierten.
Ein Job - zwei Standards?
Microsoft, so die FSFE, hätte seine Entwicklungen auch in den bestehenden OASIS-Standard einbringen können. Die FSFE fragt deshalb, warum Microsoft nicht diesen Weg gewählt habe und es am Ende zwei Standards für dieselbe Aufgabe geben könnte. Microsoft hat dieses Argument stets mit dem Hinweis zurückgewiesen, dass Ecma 376 ein anderes Aufgabengebiet habe als ODF - es sichere die Rückwärtskompatibilität mit den alten MS-Office-Formaten und bringe bessere Eigenschaften im Workflow von Organisationen mit als ODF.
Die letzte Frage der FSFE bezieht sich auf die Lizenz, unter der OO-XML steht. Microsoft hat einige seiner Technologien unter dem Versprechen freigegeben, Entwickler nicht zu klagen, die diese Technologien verwenden. Die FSFE fordert die nationalen Standardisierungsgremien dazu auf, dieses Versprechen auf Herz und Nieren zu prüfen.
"Falls es auf keine dieser Fragen eine gute Antwort gibt, sollte auch jedes Gremium in der ISO/IEC mit Nein stimmen", schriebt die FSFE.