Das iPhone - ein "verkrüppeltes Produkt"

29.06.2007

Vor der Präsentation des neuen Gadgets griff die GNU/Linux-Community Apples "proprietäre Software und digitale Restriktionen" an. Bevor das iPhone unter die Leute kam, präsentierte die FSF die Version 3.0 der freien Lizenz GPL, die Linux et al. vor Vereinnahmung durch Konzerne schützen soll.

Was Steve Jobs und Apple da präsentieren würden, sei "ein durch proprietäre Software und digitale Restriktionen verkrüppeltes Produkt", schreibt Peter Brown, Direktor der Free Software Foundation [FSF], in einer Mitteilung seiner Organisation am Freitag.

"Verkrüppelt deshalb, weil ein Gerät, das nicht unter der Kontrolle seines Eigentümers steht, gegen die Interessen seines Eigentümers arbeitet", so Brown.

"Wir wissen, dass Apple sein Betriebssystem OS X und seinen Webbrowser Safari auf Software, die unter der General Public License steht, aufgebaut hat", sagte Brown und legte noch eine Schäuferl nach: "Es wird interessant sein nachzusehen, in welchem Ausmaß das iPhone Software enthält, die unter der GPL steht."

Neuauflage der GPL

Anlass dieser Tirade ist das Beinahe-Zusammenfallen zweier wichtiger Termine für die IT-Welt. Am 29. Juni kommt nicht nur das erste Mobiltelefon von Apple in den Handel, am Samstag um 18.00 Uhr wird auch Richard Stallman, Gründervater der Free Software Foundation, die neueste Version 3.0 der GNU General Public License [GPL] präsentieren.

Unter diesem populärsten der zahlreichen freien Lizenzregelwerke wird zum Beispiel der Kernel, die zentrale Komponente des freien Betriebssystems Linux, veröffentlicht.

Die Neuauflage der GPL war 18 Monate lang in Arbeit und teils auch heftiger Diskussion in den Communitys ausgesetzt.

Novell und Microsoft

GPL 3.0 soll Versuche der Kooptierung freier Software durch Anbieter proprietärer Systeme verhindern. Einen diesbezüglichen Musterfall stellt das Patentabkommen zwischen Microsoft und Novell vom Herbst 2006 dar, dem inzwischen auch noch andere Linux-Distributoren beigetreten sind.

Die Aversion gegen proprietäre Software wird landläufig gerne als "Fundamentalismus" ausgelegt. Schon viel verständlicher wird der Ansatz, wenn man betrachtet, aus welcher Perspektive er geäußert wird, nämlich der von "Software-Engineers", also von Software-Entwicklern für technisches Gerät.

Lizenpflicht für Schraubenzieher

Das Haupthindernis in deren Entwicklungsarbeit sind die zahllosen existierenden Software-Patente, vor allem in den USA.

Viel Arbeitszeit bei der Entwicklung neuer Software-Projekte geht bei der Prüfung verloren, ob man dabei nicht gegen ein zumeist von einem Software- oder Elektronik-Multi gehaltenes [Sub-]Patent verstößt.

Ein diesbezüglicher Fehler kann prekäre Folgen in Form von Patentverletzungsklagen mit hohen Strafzahlungen zur Folge haben.

Ins analog-technische Leben übersetzt ist ein "Software-Engineer" in einer Situation wie ein Elektriker, der erst nachsehen muss, ob der Messeinsatz eines Multimeters an einer 50-Hz-Stromleitung unter Zuhilfenahme einer Leiter und eines Kreuzschlitzschraubenziehers nicht ein lizenzpflichtiges Unterfangen ist.

(futurezone | Erich Moechel)