Realitätsprüfung für "Second Life"
Abwartend gibt man sich im Justizministerium zu dem Vorstoß des ÖVP-Justizsprechers Heribert Donnerbauer, heimisches Strafrecht in virtuellen Welten wie "Second Life" anzuwenden. Linden Labs selbst sieht sich als Host-Provider und damit ohne Verantwortung. Ein Filtersystem soll aber kommen.
"Die Frage ist doch: Wie realitätsnah sind denn 'Second Life' und die Handlungen darin wirklich?" so das Justizministerium auf Anfrage von ORF.at.
Genau das will Donnerbauer, der das Amt des ÖVP-Justizsprechers seit 1. Juli innehat, nach eigener Aussage mit einer Sachverhaltsdarstellung bei der Staatsanwaltschaft Wien abklären.
Lebensnahe Darstellung?
Laut dem heimischen Strafrecht sei nämlich auch die lebensnahe Darstellung von Kinderpornografie strafbar - nun gelte es herauszufinden, ob das nach dem derzeit geltenden Recht für "Second Life" zutreffe, so Donnerbauer gegenüber ORF.at.
Wenn dem so sei, mache sich auch der Anbieter strafbar, in dem Fall Linden Lab. Dann könne man Linden Lab durch Strafandrohung zwingen, einen Filter vorzuschalten, um solche Aktivitäten künftig zu unterbinden, ist sich Donnerbauer sicher.
Am Wochenende forderte Donnerbauer, dass virtuell nachgestellte Vergewaltigungen und Kindesmissbrauch strafrechtliche Konsequenzen haben müssen. Nötigenfalls will er eine Gesetzesänderung.
Linden Lab nur Host-Provider
Linden Lab selbst zieht sich in dieser Diskussion auf den Standpunkt zurück, nur als Host-Provider, also Anbieter der technischen Ressource für "Second Life", aufzutreten.
Die Inhalte selbst würden die Nutzer einbringen und bereitstellen, Linden Lab sei also nicht für die Inhalte seiner Nutzer haftbar, sagte der Anbieter gegenüber ORF.at. Das gelte im gesamten EU-Raum, würden die hauseigenen Anwälte versichern.
Landeseigene Filter geplant
Zwar sei Linden Lab nicht untätig, jeder Anzeige werde sofort nachgegangen, doch man könne nicht das Treiben jedes einzelnen Avatars überwachen. Stattdessen setze man auf die Selbstregulation durch die Community.
Doch: Vertrauen ist gut, Kontrolle ist besser - Linden Labs bestätigte weiters, dass es demnächst ein eigenes Filtersystem geben soll, das "sich an das Rechtssystem des jeweiligen Landes" anlehnt.
Wie genau das aussehen wird und wer am Ende kontrolliert, welche Inhalte und Nutzer online gehen und welche nicht, dazu wollte Linden Labs noch nichts Näheres sagen.
Fantasie oder Wirklichkeit?
Im heimischen Justizministerium gibt man sich vorerst abwartend und vorsichtig. Zuerst müsse die Frage geklärt werden, ob sexueller Kontakt zwischen einer virtuellen Kinderfigur und einem virtuellen Erwachsenen nun tatsächlich Kinderpornografie sei oder nicht, so ein Sprecher des Ministeriums auf Anfrage.
"Der Betrachter zumindest muss glauben, dass es sich um ein Kind handelt, und er wird es auch - aber ist das schon strafbar?" Schließlich gehe es dabei prinzipiell um reine Fantasie. "Das ist eine rechtliche Grauzone", die es nun zu klären gelte.
Ob das bereits mit der aktuellen ÖVP-Initiative gelingen wird, bleibt abzuwarten.
(futurezone | Nadja Igler)