SPD ruft Schäuble zur Ordnung

09.07.2007

Der deutsche Bundesinnenminister Wolfgang Schäuble [CDU] hat mit seinen Vorstößen für härtere Anti-Terror-Maßnahmen Kritiker aus SPD und Polizeigewerkschaft auf den Plan gerufen. Aus der CDU erhält Schäuble Rückendeckung.

Mit seinem Vorstoß für ein härteres Vorgehen gegen radikale Islamisten hat verärgerte Schäuble den Koalitionspartner SPD. Der CDU-Politiker wolle die Sozialdemokraten als unsichere Kantonisten hinstellen, kritisierte SPD-Fraktionschef Peter Struck am Montag in der "Frankfurter Rundschau".

"Das gehört sich nicht in einer Koalition", fügte er hinzu. Abgesehen davon ließen sich Schäubles Vorschläge für ein Handyverbot für islamistische "Gefährder" nur in einem Überwachungsstaat durchsetzen.

Schäuble hatte in einem Interview mit dem Hamburger Nachrichtenmagazin "Der Spiegel" angeregt, ein Handy-und Internet-Verbot gegen "Gefährder" zu verhängen, die nicht abgeschoben werden können, und einen Straftatbestand der Verschwörung einzuführen.

Außerdem will er offene rechtliche Fragen über die gezielte Tötung Verdächtiger durch den Staat klären lassen.

Zustimmung von CDU-Spitze

Führende CDU-Politiker gaben Schäuble unterdessen Rückendeckung. Der hessische Ministerpräsident Roland Koch sagte vor einer Präsidiumssitzung am Montag, es könne nicht sein, dass die deutschen Sicherheitsbehörden "deutliche Ermittlungsnachteile" gegenüber ihren Kollegen in anderen europäischen Staaten hätten.

Ähnlich äußerten sich auch die Ministerpräsidenten von Baden-Württemberg und des Saarlandes, Günther Oettinger und Peter Müller.

"Denkanstöße"

Die deutsche Bundeskanzlerin Angela Merkel [CDU] bezeichnete Schäubles Überlegungen als "Denkanstöße".

"Im Kampf gegen den Terrorismus darf es nach Überzeugung der Bundeskanzlerin weder Denkblockaden noch Denkverbote geben", sagte der stellvertretende Regierungssprecher Thomas Steg am Montag in Berlin.

Richtschnur für solche "Denkanstöße" müsse das Grundgesetz sein. Im Ressortkreis des Kabinetts müsse geprüft werden, "inwieweit die Maßnahmen fachlich auch geeignet sind", um sie anzuwenden.

Es handelt sich nach Überzeugung der Kanzlerin um Vorstellungen, die nichts mit der "unmittelbaren" und "kurzfristigen" Regierungspolitik zu tun hätten.

Kritik von Polizeigewerkschft

Scharfe Kritik erntete Schäuble für seine Pläne hingegen auch in der Opposition und bei der Gewerkschaft der Polizei [GdP]. "Man muss Herrn Schäuble daran erinnern, dass er als Innenminister auch Verfassungsminister ist", mahnte der FDP-Innenexperte Max Stadler in der "Westdeutschen Allgemeinen Zeitung".

"Wir kennen etwa 100 Gefährder"

In Deutschland gelte ein Tötungsverbot. "Schäuble versucht, eine Rechtsgrundlage für Guantanamo in Deutschland zu schaffen", warnte die Grünen-Innenexpertin Silke Stokar. Auch die Gewerkschaft der Polizei kritisierte den Minister.

"Unser Problem sind nicht mangelnde Gesetze, sondern ihre mangelnde Umsetzung", sagte GdP-Chef Konrad Freiberg der gleichen Zeitung. "Wir kennen etwa 100 Gefährder. Aber wir sind aus Personalmangel nicht in der Lage, diese Personen rund um die Uhr zu bewachen."

Als "Gefährder" stufen die Sicherheitsbehörden potenzielle Attentäter aus dem Islamisten-Milieu ein. Es handelt sich um Menschen, bei denen zwar Anhaltspunkte vorliegen, dass sie in die Planung von Anschlägen verwickelt sein könnten, bei denen die Hinweise aber nicht für die Einleitung eines förmlichen Ermittlungsverfahrens ausreichen.

(Reuters)