Musikindustrie droht mit ersten Klagen
Im nächsten Jahr könnten auch in Österreich die ersten Tauschbörsen-Nutzer vor Gericht gebracht werden. Dies kündigte der Verband der österreichischen Musikwirtschaft [IFPI] gegenüber der "Presse" an.
Zwar setzt die österreichische Musikindustrie bisher im Umgang mit Musik-Piraten auf Information und Aufklärung, doch falls die laufenden Informationskampagnen keinen Erfolg zeigten, seien Klagen durchaus vorstellbar.
In den USA hat die Recording Industry Association of America [RIAA] schon länger einen harten Kurs gegen Raubkopierer eingeschlagen.
Hartes Durchgreifen bei RIAA
In den letzten sechs Monaten wurden fast 400 Tauschbörsen-User
wegen Urheberrechtsverletzungen auf Schadenersatzzahlungen,
teilweise in Millionenhöhe, geklagt. Laut US-Copyright-Gesetz sind
pro Song bis zu 150.000 USD Schadenersatz einklagbar.
Erste Klagen ab Sommer 2004 möglich
Schon seit Anfang Dezember durchsuchen private Internetdetekteien im Auftrag der IFPI Tauschbörsen wie KaZaA nach österreichischen Anbietern von urheberrechtlich geschütztem Material.
Über die Instant-Messaging-Funktion der Peer-to-peer-Software [P2P] werden den aufgespürten Piraten standardisierte Texte gesendet, die rechtliche Aspekte erläutern, aber noch keine Klagsdrohung beinhalten.
Sollte die direkte "Kontaktaufnahme" bis Jahresmitte 2004 keinen Erfolg haben, bliebe aber "keine andere Wahl" als die Gangart durch Klagen vor Gericht zu verschärfen, sagt IFPI-Geschäftsführer Franz Medwenitsch in der "Presse".
"Tausende Jobs bedroht"
Das illegale Musikgeschäft bedrohe die Existenz einer gesamten
Industrie und somit tausender Jobs, heißt es bei der IFPI. Entstand
im Jahr 2002 der Musikindustrie in Österreich ein Schaden von 4,5
Mio. Euro, so soll sich die Schadenshöhe bis Jahresende 2003 auf
12,5 Mio. Euro fast verdreifachen.
Rechtslage
Das mit 1. Juli 2003 in Österreich in Kraft getretene Urheberrechtsgesetz verstärkt den Schutz digitaler Werke. Die wichtigste Verbesserung für die Rechteinhaber ist dabei das Verbot des Knackens von Kopierschutzmaßnahmen.
Will man sein Recht auf Privatkopie ausüben, bleibt also nur noch das legale Kopieren mit einfacher Geschwindigkeit über die [digitalen] Aus- und Eingänge.
Schon lange im Urheberrecht verankert war die Regelung, dass ein Werk mit Hilfe der Privatkopie nicht der Öffentlichkeit zur Verfügung gestellt werden darf [§ 42 UrhG]. Ein Anbieten in Tauschbörsen ist also verboten.
Die Lage beim Downloaden aus illegaler Quelle bleibt unter Rechtsexperten umstritten, erst die ersten Gerichtsverfahren werden dort Klarheit bringen.
Strafmaß
Theoretisch drohen in Österreich bei Urheberrechtsverletzungen
Bußgelder von bis zu 120.000 Euro sowie Haftstrafen von bis zu sechs
Monaten. Bei gewerbsmäßigem Handel drohen sogar Haftstrafen von bis
zu zwei Jahren.
Imageverlust durch Klagewelle
Das harte Durchgreifen der US-Musikindustrie wird von vielen Seiten kritisiert. Politiker hatten sich im US-Kongress gegen die Klagewelle ausgesprochen. Auch wollen viele Provider die Daten ihrer Nutzer nicht herausgeben.
Vor allem Einzelschicksale, wie die Klage gegen eine zwölfjährige Tauschbörsen-Userin, oder auch offensichtliche Fehlanschuldigungen wie im Falle eines Pensionisten ohne Computer oder einer 66-jährigen Mac-Userin, die Gangsta-Rap heruntergeladen haben soll, führten zu starken Imageverlusten der Musikindustrie.
Mit den ersten Klagen riskiert somit auch die österreichische Musikindustrie, dass sich die Stimmung zu ihren Ungunsten verschiebt.
Daher ist anzunehmen, dass sich die Musikindustrie bei möglichen Klagen auf die "großen Fische" beschränken wird.
Zuletzt hatte auch Albert Manzinger, Chef von EMI Austria, ein Vorgehen gegen Konsumenten, wie das die RIAA in den USA macht, für "unklug" befunden.
Tauschbörsennutzer verklagen ist "unklug"