"ASV Roboat" auf großer Fahrt
Mit der "ASV Roboat" will die Österreichische Gesellschaft für innovative Computerwissenschaften [InnoC] beim internationalen Wettbewerb für autonome Segelboote, Microtransat, der im September in Wales stattfindet, teilnehmen. 2010 plant das Forscherteam die erste vollautonome Atlantiküberquerung.
Am Mittwoch wurde das autonome Segelboot "ASV Roboat" - ASV steht dabei für Autonomous Sailing Vessel, Roboat setzt sich aus den Worten Roboter und Boot zusammen - auf der Wiener Alten Donau präsentiert und getauft. Ende Juli sollen die ersten Testfahrten stattfinden. Autonom bedeutet: Das Schiff steuert sich selbst. Es ist ein Roboter mit Segeln.
Anfang September soll das rund vier Meter lange Gefährt bei der weltweit ersten vollautonomen Segelregatta auf offenem Meer, der Microtransat 2007 im walisischen Aberystwyth an der Irischen See, gegen die internationale Konkurrenz aus Kanada, Frankreich, Portugal und Wales bestehen.
"Ziel ist es, eine Regatta auf offener See ohne menschliches Eingreifen zu segeln", sagte InnoC-Gründer und -Präsident Roland Stelzer, der die "ASV Roboat" gemeinsam mit seinem Team entwickelt hat.
Dass die Technologie funktioniert, bewies das Forscherteam bereits mit dem 1,40 Meter langen und 1,70 Meter hohen Vorgängermodell der "ASV Roboat". Im vergangenen Jahr setzten sich Stelzer und sein Team bei der Microtransat 2006 im französischen Toulouse gegen die internationale Konkurrenz durch. Das Modellboot mit Autopilot ging als Außenseiter ins Rennen und gewann schließlich den Europameistertitel der autonomen Segelboote.
Menschliches Segeln "nachmodelliert"
"Bei der Entwicklung des Bootes bestand für uns die Herausforderung darin, die Aufgaben, die der Mensch beim Segeln übernimmt, nachzumodellieren", sagte Stelzer.
Nach Eingabe der Zielkoordinaten berechnet die "ASV Roboat" die optimale Route anhand von Wetterdaten in Echtzeit selbst und passt diese auch permanent an. Dabei analysiert der Bordcomputer die Sensordaten und ermittelt daraus Ruder- und Segelstellung.
Stelzer [links] und ein Kollege von der InnoC mit der "ASV Roboat" und ihrem kleineren Vorgängermodell.
==GPS-Empfänger, Kompass und Windmessanlage==
Wie schon das Vorgängermodell ist auch die "ASV Roboat" mit mehreren Sensoren ausgestattet. Am Mast befindet sich eine ultraschallbasierte Windmessanlage, an der Vorderseite des Bootes sind ein GPS-Empfänger und ein Kompass, der auch bei Schieflage des Bootes die richtige Richtung anzeigt, angebracht.
Vorverarbeitung mit Microcontroller
Die von den Sensoren ermittelten Daten werden von einem Microcontroller, der sich am hinteren Ende des Bootes befindet, vorverarbeitet und in ein einheitliches Protokoll transformiert.
Das "Großhirn" der "ASV Roboat".
==Rechner bereitet Manöver vor==
Dann werden sie an das "Großhirn" des Bootes, einem 600-MHz-Rechner mit Linux-Betriebssystem, weitergeleitet, der für die strategischen Entscheidungen zuständig ist und die Manöver vorbereitet.
Ausgeführt wird die Steuerung schließlich von zwei parallel arbeitenden Fuzzy-Logic-Systemen, die Ruder und Steuer bedienen.
"Notfalls können wir auch mit Fernbedienung in die Abläufe eingreifen", sagte Stelzer. Stelzers Team wird am Ufer mit Daten versorgt, die mit WLAN [in Ufernähe], UMTS, GPRS und Satellitenkommunikation [auf hoher See] übermittelt werden.
Hohe Materialkosten und freiwillige Arbeit
Den finanziellen Aufwand für den "Roboat"-Autopiloten bezifferte Stelzer mit etwa 3.000 Euro Materialwert für den auf einem Modellboot aufgesetzten Prototypen. Bei der "ASV Roboat", deren Untersatz aus einem für Segelschüler entworfenen Kielboot "Laerling" besteht, das nicht kentern und sinken kann, beliefen sich die Materialkosten auf rund 12.000 Euro sowie "unzählige Arbeitsstunden". Diese wurden teilweise von Sponsoren, teilweise privat aufgebracht.
Algorithmen und Systeme skalierbar
Die beim "Roboat"-Autopiloten verwendeten Systeme und Algorithmen sind skalierbar und können laut Stelzer auch problemlos bei größeren Booten zum Einsatz kommen.
Atlantiküberquerung 2010 geplant
Das soll spätenstens 2010 passieren. Denn dann plant das Forscherteam die erste vollautomatisierte Atlantiküberquerung. Sponsoren dafür werden noch gesucht.
Unterstützung in Extremsituationen
Als mögliche Einsatzgebiete für den "Roboat"-Autopiloten nannte Stelzer auch die intelligente Unterstützung von Seglern in Extremsituationen. Der Autopilot könne aber auch bei Segelschulen zum Einsatz kommen, so Stelzer, etwa wenn Segelschüler nicht mehr wissen, wie sie ans Ufer zurückkomen sollen.
Aber auch der Einsatz in der Frachtenbeförderung sowie bei Rettenungs- und Bergungsbooten ist laut Stelzer denkbar.
Bis vollautomatisierte Segelboote auch Weltmeister und Olympiasieger im Segeln schlagen können, werde es hingegen noch einige Zeit dauern, so Stelzer.
Beim Schach wurde der Wettkampf zwischen Mensch und Maschine hingegen schon entschieden. 1997 hatte der damalige Schachweltmeister Garri Kasparow gegen den IBM-Rechner Deep Blue das Nachsehen. Im Dezember 2006 unterlag sein Nachfolger Wladimir Kramnik gegen das Schachprogramm Deep Fritz in Hannover mit 2:4.
(futurezone | Patrick Dax)