06.01.2004

AUSBLICK 2004

Wendepunkt für den Online-Musikmarkt

Das Jahr 2003 hat gute Chancen als Wendepunkt für die Musikindustrie in die Annalen einzugehen: Nach jahrelanger Agonie ob dem Boom der Online-Tauschbörsen kam letztes Jahr endlich Bewegung in den Markt für kostenpflichtige Downloads und für 2004 wird erwartet, dass dieser Markt endgültig abhebt.

Allerdings ging die Initiative zu dieser Entwicklung bezeichnenderweise nicht von der Musikindustrie selbst aus, sondern von mehr oder weniger Branchen-fremden Unternehmen:

Der entscheidende Impuls kam dabei von Apple, das mit seinem "iTunes Music Store" erstmals wirklich massenhaft Musik im Netz verkaufen konnte und auch gleich das Geschäftsmodell für die nähere Zukunft vorgab:

Der Betrieb von Download-Plattformen selbst bleibt eher unprofitabel, Gewinne entstehen über Umwege durch Hardware-Verkäufe oder Marketing-Effekte. Gleichzeitig kann die Musikindustrie allerdings den Großteil der Online-Umsätze als Lizenzgebühren einstreichen - ganz ohne Risiko und eigenes Zutun.

Das Geschäftsmodell

Bei einer Finanzanalysten-Konferenz gab Apple-Chef Steve Jobs im November an, dass Apple an iTunes trotz 17 Millionen verkaufter Songs bisher nichts verdient. Ein Großteil der 99 US-Cent pro Song geht nach Angaben von Jobs an die Plattenlabels, denen ihrerseits für den Vertrieb via iTunes keine Kosten entstehen.

Geld will Apple offenbar vor allem aus dem Verkauf von Hardware, vornehmlich seines Musik-Players iPod, machen.

Aber auch völlig branchenfremde Produkte sollen zukünftig mit Musik-Downloads beworben werden: So startet Coca-Cola in diesem Monat in Großbritannien ein eigenes kostenpflichtiges Angebot zum Herunterladen von Musik aus dem Internet.

Die Intention des Brauseherstellers ist dabei nicht das Geschäft mit der Musik, sondern der erhoffte Imagegewinn.

Träge Konzerne

Ausgerechnet die Musikindustrie selbst scheint der neuen Entwicklung allerdings skeptisch gegenüber zu stehen:

So warnte Tim Renner, Deutschland-Chef von Universal Music, im Dezember vor einer Dominanz des Computerherstellers Apple im digitalisierten Musikgeschäft: Apple sei im Moment ein Quasi-Monopolist.

Phonoline, die erste legale und gemeinsame Internet-Plattform aller Musikkonzerne in Deutschland, lässt indes aber weiter auf sich warten.

Napsters Rückkehr

In den USA, wo Apple und andere potentiell weltweite Anbieter ihre Services in der Regel zuerst starten, ist allerdings schon jetzt von einem Monopol Apples lange nicht mehr die Rede:

So ist seit Oktober die einstmals populäre und heftig umstrittene Musiktauschbörse Napster ist unter dem Namen "Napster 2.0" als kostenpflichtiger Musikdienst wieder online und daneben buhlen unter anderem auch die Services von Liquid Audio, Rhapsody, MusicMatch und Buymusic um die Gunst der Online-Käufer.

Angebot explodiert

Und wenn man den Ankündigungen glaubt, dann dürften 2004 eine ganze Reihe weiterer Angebote dazu kommen, wobei allein drei Unternehmen das iTunes-Modell kopieren wollen:

So wollen sowohl Dell als auch HP den Verkauf eigener Musik-Player durch Download-Plattformen ankurbeln und Microsoft plant ähnliches, wobei die Player von Partnerfirmen wie Tatung, Creative, Sanyo und Samsung kommen sollen.

Infrastruktur von Microsoft

Microsoft will von dem erwarteten Boom aber vor allem als Infrastruktur-Anbieter profitieren: Der Konzern will zusammen mit Loudeye maßgeschneiderte, "schlüsselfertige" Musik-Shops anbieten, um den Anbietern den Einstieg zu erleichtern und die Kosten niedrig zu halten.

Von Loudeye soll dabei die Infrastruktur kommen, Microsoft bringt seine Kopierschutztechnologie [DRM, Digital Rights Management] und seine Windows-Media-9-Plattforrm in die Kooperation ein.

Das Service zielt explizit auf Kunden, die mit den Musik-Downloads selbst keine Gewinne, sondern weitergehende Marketingeffekte erzielen wollen.