Funk-Jammer gegen Bombenattentate
Mit dem Masseneinsatz von Breitband-Störsendern geht die US-Armee gegen ferngezündete improvisierte Bomben im Irak vor. Ihre Gegner nutzen abwechselnd GSM-Handys, Sat-Telefone von Thuraya, Walkie-Talkies und Militärgerät aus der Saddam-Ära als Fernzünder.
Das US-Verteidigungsministerium hat am Dienstag eine Großbestellung für den Einsatz im Irak-Krieg aufgegeben: Binnen eines Jahres soll die kalifornische EDO Communications & Countermeasures Systems 3.000 fahrzeugmontierte Breitbandfunk-Störsender [Jammer] liefern.
Das Pentagon bedürfe dieser "dringend" zur Unterstützung der Operationen im Irak und in Afghanistan, hieß es in einer Ankündigung des US-Verteidigungsministeriums am Montag.
Scanner gegen "Roadside-Bombs"
Das System mit dem langen Namen "Counter Radio Controlled Improvised Explosive Device" [Counter RCIED] zur elektronischen Kriegsführung ist eine Kombination aus einem hochwertigen "Spectrum-Analyzer" mit zugehörigem Breitband-Störsender und einer Steuereinheit dazwischen.
Die RCIEDs - "improvisierte Explosionskörper" oder "Roadside-Bombs" im Nachrichtenjargon - die täglich US- und irakischen Truppen hohen Blutzoll abfordern, werden per Funk gezündet.
Mit dem EDO-System aufgerüstete Hummer und vergleichbares Fahrgerät sollen Konvois bei Überlandfahrten schützen, indem sie mittels starker Jammer gewisse Frequenzbereiche im Umkreis lahm legen können.
Störsignale gegen GSM
Der "Spectrum Analyzer" sucht ganze Frequenzbereiche nach verdächtigen Signalmustern ab, die vorher eingegeben wurden. Über die Steuereinheit wird dann der Sender angesprochen, der das jeweilige Band mit Störsignalen zudeckt.
Zum ersten sind das natürlich die Frequenzen der mittlerweile fünf GSM-Anbieter im Irak, mit deren Netzaufbau auch der Einsatz von GSM-Geräten als Bombenzünder sprunghaft anstieg.
Analoge Elektronik
Ein Funkgerät egal welcher Art in einen Bombenzünder umzubauen, ist technisch trivial.
Einer der am einfachsten zu bauenden Schaltkreise für Anfänger ist der eines so genannten Akustikschalters. Ab einem einzustellenden Geräuschpegel - zum Beispiel dem Klingelton eines Handys - schaltet das Teil auf "Strom ein".
In Kombination mit beliebigem Funkgerät können so Bomben ferngezündet werden. Aber nicht nur GSM-Handys, die zwischen 890 und 960 Mhz senden, können mittels ein paar analoger Bestandteile aus dem Elektronikbaukkasten in einen Bombenzünder umgebastelt werden, sondern im Grunde alles, was da funkt und empfängt.
Umgebaute Sat-Handys
Weit verbreitet sind im Irak auch die Thuraya-Satelliten-Handys des gleichnamigen Anbieters. Diese sind als Multiband-Geräte zwar mit den GSM-Netzen kompatibel.
Im eigenen Netz verwenden Thuraya-Handys aber 1.610-1.625,5 MHz als Uplink-Frequenz, vom Satelliten herunter kommt das Signal zwischen 2.483,5 und 2.500 MHz, also direkt oberhalb des Frequenzbands, in dem WLAN operiert [2.412 bis 2.472 MHz].
Walkie-Talkies
Das sind schon einmal eine ganze Reihe von Bändern, die da ständig durchsucht, analysiert und gegebenenfalls mit Störsignalen wie etwa weißem Rauschen ausgeblendet werden müssen.
Des weiteren wurden für die Zündung ferngesteuerter Bomben auch Walkie-Talkies verwendet, die freie Frequenzbereiche wie das 433-MHz-ISM-Band benutzen. Gleich daneben bzw. teilweise überlappend liegt das 70 Zentimeterband [420 bis 450 MHz] der Funkamateure für das ebenfalls entsprechende Handgeräte massenweise weltweit verfügbar sind.
Amateurfunk
Jedes Signal in diesen Frequenzbereichen kann potenziell der Auslöser für einen Bombenzünder sein, doch es sind nicht nur diese. Dafür in Frage kommen auch die meisten anderen Amateurfunkbänder, die quer durch die Kurzwelle bis hinauf in den Bereich über zehn GHz gestreut sind.
Auch hier ist weltweit massenhaft vergleichsweise billiges Equipment vorhanden, die wohl größte Gefahr für die Signaljäger der US Army stellt aber wohl Gerät aus den Beständen der ehemaligen Saddam-Armee dar.
Robustes Militärgerät
Zum einen ist analoges, militärisches Funkgerät in der Regel sehr robust und leistungsstark, daher kann aus weit größeren Entfernungen gezündet werden. Zum anderen funkt es logischerweise auf Militärfrequenzen.
Hier wird es für die Störsender-Truppe wirklich kompliziert, weil sicher sein muss, nicht nebenbei den Funkverkehr der irakischen Verbündeten lahm zu legen, die eigenen Lenkwaffen irrezuleiten oder die eigene Luftaufklärung zu blenden.
Auch diese operieren natürlich funkgesteuert und unter diesen Umständen stellt sich für die US-Streitkräfte und ihre Alliierten die Frage, ob der seit Ende 2005 laufende Aufbau eines WiMAX-Netzes [3,5 GHZ] im Südirak eine gute oder eher doch eine schlechte Nachricht ist.
Für den zweiten Teil der Serie laufen Anfragen vor allem technischer Art bei Herstellern wie EDO Communications und Bombjammer.com.
(futurezone | Erich Moechel)