Flugdatenkompromiss immer fragwürdiger
Die Ende 2003 erzielte Einigung zwischen der EU-Kommission und den USA zur Auslieferung persönlicher Daten von EU-Bürgern, die in die USA fliegen, wird immer fragwürdiger:
EU-Binnenkommissar Frits Bolkestein hatte Mitte Dezember das Ergebnis der Verhandlungen mit den USA präsentiert und dabei zahlreiche Kompromisse aufgelistet, die noch erzielt werden konnten.
Dazu sollte unter anderem die Zusage der US-Seite gehören, die Datensätze nicht zum automatischen Abgleich in das CAPPS-III-System ["Computer Assisted Passenger Pre-Screening"] einzuspeichern.
Diese Aussage Bolkesteins scheint allerdings nicht die exakten Ergebnisse der Verhandlungen wiederzugeben: Kommissionssprecher Jonathan Todd sagte jetzt gegenüber dem WDR, dass die getroffene Vereinbarung sehr wohl die Einspeisung der übermittelten Daten von EU-Bürgern in CAPPS II "zu Testzwecken" beinhaltet.
Der Rüstungskonzern Lockheed-Martin bekam vor rund einem Jahr von der US-Transportbehörde "Transportation Security Administration" den Auftrag, das System "Computer Assisted Passenger Pre-Screening" [CAPPS] weiter zu entwickeln.
Auftrag an Lockheed-Martin CAPPS II zu entwickelnKein Missverständnis
Bereits letzte Woche hatten Aussagen in der Sache von Nuala O'Connor Kelly, der Datenschutzbeauftragten des US-Heimatschutzministeriums, Aufsehen erregt: Auch danach enthält die mit der EU-Kommission getroffene Vereinbarung die Benutzung der Daten von EU-Flugpassagieren zum Testen des CAPPS-II-Systems.
Letzte Woche wurde diese Aussage aber noch dahingehend interpretiert, dass die USA die Vereinbarung schlicht anders auslegen als die EU-Kommission.
Jetzt wurde diese Möglichkeit durch die aktuellen Aussagen Todds allerdings ausgeschlossen: Demnach hat Binnenkommissar Bolkestein das Ergebnis der Verhandlungen mindestens unvollständig wenn nicht sogar falsch dargestellt.
EU-Kommission empört DatenschützerTest-Abgrenzung
Laut den Datenschützern der Organisation European Digital Rights [EDRi] werden die Daten des CAPPS-II-Systems "direkt in das US-VISIT-Datennetz weitergegeben, auf welches eine breite Palette von US-Behörden inklusive der Geheimsdienste" Zugriff habe.
Dadurch würden auch die Daten von EU-Flugpassagieren, die in die USA reisen wollen, dieser "breiten Palette von US-Behörden" zur Verfügung stehen und die angeblich "eingeschränkte" Verwendung wäre eindeutig nicht gegeben.
EDRi-Büroleiter Andreas Dietl wirft jetzt die Frage auf, wie die EU-Kommission die Abgrenzung der "Tests" vom CAPPS-II-Normalbetrieb überhaupt überprüfen könne. Im Ergebnis habe Bolkestein schlicht "das EU-Parlament getäuscht".
European Digital RightsSpätes Aufmerken
Obwohl die Entwicklung von CAPPS II schon seit einem Jahr läuft und die Auftragsvergabe an Lockheed-Martin bekannt war, hat die US-Regierung erst Anfang der Woche mit einer Bestätigung dieser Tatsachen weltweit für Schlagzeilen gesorgt:
Die Regierung hat am Montag bestätigt, dass sie Flugpassagiere künftig genauer überprüfen und diese dann in verschiedene Gefährdungskategorien einordnen will.
Wie die Transportsicherheitsbehörde mitteilte, sollen in den kommenden Monaten Programme zur Überprüfung der Passagierdaten getestet werden. Bereits im Sommer könnte das CAPPS-II-Programm dann umgesetzt werden.
Eine Kategorie für jeden Passagier