EU-Tauschbörsennutzer vor Klagen
Die Musikindustrie will erstmals auch europäische User wegen illegalen Filesharings verklagen.
Erste Klagen könnten bereits im laufenden Jahr erfolgen, sagte jetzt Allen Dixon vom Internationalen Verband der Phonographischen Industrie [IFPI]. Die Industrie fühlt sich dabei offenbar durch das Vorgehen der US-Musiklobby ermutigt, deren Klagen gegen private User zu einem signifikanten Rückgang der Musikpiraterie geführt haben sollen.
Maßnahmen gegen den ungesetzlichen Download in Europa seien überfällig, glaubt die IFPI.
In Europa erwirtschaftet die Branche rund elf Mrd. USD [8,8 Mrd. Euro], geschätzte 34 Prozent der globalen Erlöse. In der zweiten Jahreshälfte 2003 hat die US-Musikindustrie angeblich die Talsohle ihrer seit drei Jahren anhaltenden Umsatzkrise durchschritten:
2004: Musikindustrie sieht ersten UmschwungZahlen angekündigt
Beispielsweise in Deutschland wurden laut IFPI im ersten Halbjahr des Vorjahres mehr Songs illegal heruntergeladen oder raubkopiert als gekauft. Den Umsatzrückgang von über 18 Prozent sieht die Musikindustrie dabei als direkte Folge der Piraterie.
Vor diesem Hintergrund zeigen sich europäische Manager vom vermeintlichen Erfolg ihrer US-Kollegen beeindruckt. In den USA ging der Umsatz der Musikindustrie um vergleichsweise bescheidene 0,8 Prozent zurück, was auch auf die Klagen gegen private Filesharer zurückgeführt wird.
Diese Woche will die IFPI eine neue Untersuchung vorstellen, nach der Filesharing in den USA zurückgegangen, überall sonst aber gestiegen ist. Gegen die Sichtweise der IFPI spricht allerdings eine aktuelle Studie der NPD Group, eines unabhängigen Marktforschungsunternehmens:
Demnach steigt die Zahl der illegalen Downloads von Musikdateien seit einigen Monaten auch in den USA wieder.
Nachdem im April 2003 die User-Zahlen dramatisch gesunken waren, ist die Nutzung laut der NPD Group seit November wieder im Steigen begriffen.
Wieder mehr illegale Musik-DownloadsImageschaden
Kritiker warnen allerdings vor undifferenzierten Klagen gegen europäische Konsumenten, die der Branche mehr Imageschaden als Nutzen einbringen könnten. So hatte der US-Branchenverband RIAA [Recording Industry Association of America] nach Klagen gegen Minderjährige und Unschuldige zuletzt mit schlechter Presse zu kämpfen und draufhin die Gangart der Klagen verlangsamt.
Der Erfolg der US-Industrie dürfte darüber hinaus nicht nur auf juristische Maßnahmen zurückzuführen sein:
Während in den USA derzeit die Online-Musikshops wie Schwammerln aus dem Boden schießen, ist es in Europa vorerst eher ruhig: In Österreich gibt es zwar seit Mitte Oktober eine legale Online-Plattform für Musik, den AonMusicdownload der Telekom Austria [TA], die Nutzerzahlen bewegen sich dabei allerdings noch längst nicht im relevanten Bereich.
Obwohl die TA keine aktuellen Zahlen nennen wollte, bemühte man sich zu versichern, dass das Weihnachtsgeschäft zufrieden stellend war. Die "positive Bilanz des ersten Monats" habe sich auch im aktuellen Weihnachtsgeschäft weitergezogen, so die TA gegenüber der futurezone. Im ersten Monat verkaufte die TA an 1.000 registrierte User 1.500 Songs. Das entspricht einem eher mageren Download-Durchschnitt von 1,5 Songs pro User.
Zwischenbilanz der Aon-MusikplattformAufklärung greift nicht
Auch in Österreich könnten in diesem Jahr die ersten Tauschbörsen-Nutzer vor Gericht gebracht werden. Das kündigte jedenfalls der Verband der österreichischen Musikwirtschaft [IFPI] Ende Dezember gegenüber der "Presse" an.
Zwar setzt die österreichische Musikindustrie bisher im Umgang mit Musik-Piraten auf Information und Aufklärung, doch falls die laufenden Informationskampagnen keinen Erfolg zeigten, seien Klagen durchaus vorstellbar.
Österreich: Musikindustrie droht mit ersten Klagen