Regulierung: "Rache an unseren Kindern"

26.07.2007

Hart ins Gericht geht Boris Nemsic, Chef der heimischen Telekom Austria, mit der Regulierung des Telekom-Marktes in der EU: "Das ist Rache an unseren Kindern." Er würde die Regulierung gerne gegen mehr Breitbandinvestitionen tauschen.

Die jüngsten Zahlen zum heimischen IKT-Markt sind alles andere als erfreulich: Zwar führt Österreich bei der elektronischen Verwaltung [E-Government], doch bei der Breitbandversorgung fällt es hinter andere EU-Staaten zunehmend zurück.

Die RTR soll nun im Auftrag von Infrastrukturminister Werner Faymann [SPÖ] die Breitbandversorgung prüfen und schlug zudem vor, die Versorgung aller Haushalte mit PCs und Anschlüssen zu forcieren.

"So kann man Lissabon-Ziele nicht erreichen"

Für Nemsic, Chef des größten heimischen Telekom-Anbieters Telekom Austria [TA], ist der Vorschlag an sich richtig, viel lieber würde er jedoch die Regulierung des Telekom-Marktes fallen sehen: "Das ist die Rache an unseren Kindern, so kann man die Lissabon-Ziele nie erreichen."

Europa könne in Zukunft nur als Wissensgesellschaft bestehen, und die strenge Regulierung durch die EU wie etwa die jüngsten Roaming-Obergrenzen würde im Gegenzug notwendige Investitionen für elektronische Medien schwächen, weil den Firmen dafür weniger Geld übrig bleibe.

"In zehn Jahren wird sich das an der niedrigen Ausbildung unserer Kinder rächen", meinte Nemsic gegenüber ORF.at.

Angesprochen auf die immer wieder guten Zahlen der TA meinte er weiter: "Unsere Marge liegt mit 36 Prozent im unteren Drittel, andere beginnen bei 40."

Heimische IKT wächst weniger

Der IKT-Sektor in Österreich wächst laut jüngsten Zahlen zwar, bleibt allerdings im EU-Durchschnitt: Von 2005 auf 2006 gab es eine Steigerung um 2,9 Prozent auf 14,92 Milliarden Euro.

Beim Networked-Readiness-Index des World Economic Forum verbesserte sich Österreich von 18 auf 17, beim E-Readiness-Index des "Economist" von 14 auf elf.

Grund zum Jubeln bestehe nicht, so RTR-Chef Georg Serentschy: Österreich liege nach wie vor deutlich hinter den Spitzenländern, und der Abstand zu den neuen Beitrittsländern der EU verringere sich zunehmend, vor allem beim Breitband.

Eine europaweite Studie zur Liberalisierung der Telekom-Märkte bescheinigte Österreich zuletzt einige Mankos bei Wettbewerb und Regulierung. Während sich die alternativen Telekoms in ihrer Kritik bestätigt sahen, ist das Ergebnis für die TA naturgemäß "nicht nachvollziehbar".

Wer ist die Telekom?

Bereits seit längerem wird im Infrastrukturministerium darüber nachgedacht, wie man die Internet-Nutzung und vor allem die Breitbandversorgung in Österreich ankurbeln könnte.

Im Regierungsprogramm war dazu wörtlich zu lesen: "Eine 500-Millionen-Euro-Breitbandoffensive wird u. a. mit 300 Millionen Euro von der Telekom finanziert." Darauf angesprochen meinte Nemsic: "Da steht Telekom, also wurde die Telekom-Industrie gemeint."

Auf den Hinweis, dass dann Telekoms stehen würde und auch die Deutsche Telekom in Deutschland nur unter Telekom laufe, lachte Nemsic, wollte aber nicht mehr weiter darauf eingehen.

"750 Millionen Euro wären nötig, um alle Probleme der Internet-Versorgung lösen zu können", glaubt TA-Festnetz-Chef Rudolf Fischer.

(futurezone | Nadja Igler)