Mistkübelüberwachung im Gemeindebau
Bei der Datenschutzkommission läuft eine Anfrage um Genehmigung von Videoüberwachungsanlagen in Wiener Gemeindebauten. Kamerasysteme sollen gegen Vandalismen aller Art in Müll- und Parkräumen zum Einsatz kommen.
Nicht nur das Parlament der Republik wird in Zukunft aus Sicherheitsgründen videoüberwacht, sondern auch eine andere österreichische Institution: der Wiener Gemeindebau.
Dass dieses Vorhaben bereits über bloße Überlegungen hinaus ist, bestätigte das Büro von Wohnbaustadtrat Michael Ludwig auf Anfrage von ORF.at am Montag.
Parlament und Gemeindebau
Man habe eine Genehmigung bei der Datenschutzkommission beantragt, um Videoüberwachungen in Gemeindebauten durchführen zu können, sagte Hanno Csisinko [SPÖ], Sprecher des Wiener Wohnbaustadtrats, am Montag.
Während das Parlament nach dem Fund einer Bombenattrappe vor dem Eingang permanent von Kameras beobachtet wird, sollen die Überwachungsmaßnahmen im Gemeindebau vorerst nur "punktuell und mobil" eingesetzt werden.
Container, Sperrmüll, illegal
Sie würden sich vor allem gegen die häufigen Fälle von Vandalismus in Müll- und Parkräumen der Anlagen richten, so Csisinko. Kameras würden jedenfalls nur dann installiert, wenn die Bewohner des betreffenden Objekts das auch explizit wollten.
Des Öfteren würden zum Beipiel Müllcontainer umgestürzt oder illegal Sperrmüll abgelagert, die notwendigen Aufräumarbeiten machten sich dann in den Betriebskosten bemerkbar. Das habe Unmut unter manchen Gemeindebaubewohnern ausgelöst.
Die Kosten
Aber kostet nicht auch eine derartige Videoüberwachung Geld, da neben Kosten für Ausrüstung und Montage der Kameras auch die Videobänder einer ganzen Nacht auf Verstöße kontrolliert werden müssten?
Kontrolliert würden die Bänder nachträglich ja nur, wenn tatsächlich ein Fall von Vandalismus zu beobachten war, aber grundätzlich gelte, "wenn man Videoüberwachung will, dann entstehen Kosten", lautete die Antwort aus dem Wohnbauressort.
Videoüberwachung, Wertsteigerung
Wolfgang Ulm, Sicherheitssprecher der Wiener ÖVP, ist da anderer Meinung. Mehrkosten für die Gemeindebaubewohner entstünden schon deshalb nicht, weil Videoanlagen nicht unter Betriebskosten fielen, sondern eindeutig Investitionen seien, die "zur Wertsteigerung des Hauses beitragen", sagte Ulm zu ORF.at. Also könnten sie auch nicht vom Eigentümer an die Mieter weitergegeben werden.
Was die Kameraausrüstung angehe, so könnten dafür nötige Kleinsysteme mit Webcams schon für wenig mehr als 100 Euro erworben werden.
Rasche Verwirklichung
"Die FPÖ ist schon seit langem davon überzeugt, dass eine Videoüberwachung das Sicherheitsgefühl der Bevölkerung wieder anheben würde, und hofft daher auf rasche Verwirklichung des Überwachungssystems im Gemeindebau" ließ der Wiener FPÖ-Stadtrat Johann Herzog am Montag per Aussendung wissen.
48 Stunden sind nicht genug
Die derzeit etwa für die Polizei geltende Regel ist, dass Videoaufzeichnungen von Polizei-Überwachungskameras nach 48 Stunden gelöscht werden müssen, dasselbe gilt auch für die Eingangskontrolle im Parlament der Republik.
Für den Gemeindebau darf's schon ein bisschen mehr sein, findet die FPÖ. Es sei jedoch derzeit ein großes Problem, dass Videomaterial nach 48 Stunden wieder gelöscht werden müsse. Hier wäre es notwendig, mit der Datenschutzkommission eine Regelung zu finden, die eine längere Auswertung der Videodaten möglich macht.
Nichts zu verbergen
Im Übrigen habe "eine Umfrage unter den Bewohnern in 'Großgemeindebauten' - wie etwa Rennbahnsiedlung, Schöpfwerk oder Per-Albin-Hansson-Siedlung ... - ergeben, dass die Anrainer einer Videoüberwachung durchaus positiv gegenüberstehen", so die Aussendung.
Die zitierte Umfrage stammt von einer anderen österreichischen Institution, nämlich der "Kronen Zeitung", die in der vergangenen Woche mehrere Artikel zu diesem Thema veröffentlicht hatte.
Das Gros der von der "Krone" befragten Gemeindebaubewohner hatte erklärt, man habe ja nichts zu verbergen.
Seit April 2007 werden die Überwachungsvideos der rund 1.100 Kameras in U-Bahn-Stationen in ganz Wien für 48 Stunden archiviert.
Bei der Fußball-EM 2008 sollen Videodrohnen - also Flugkörper - zur Kontrolle der Fans eingesetzt werden.
(futurezone | Erich Moechel)