Mozilla-Stiftung vs. Thunderbird-Gerüchte
Seit Mozilla-Chefin Mitchell Baker angekündigt hat, Thunderbird aus ihrer Stiftung auszugliedern, ist sie täglich damit beschäftigt, Gerüchte über den Tod des Projekts abzuwehren.
"Google hatte nichts mit dieser Entscheidung zu tun" - die Chefin der Mozilla Foundation beeilte sich, eines der hartnäckigsten Gerüchte über die Entscheidung, die Thunderbird-Entwicklung auszulagern, als erstes zu zerstreuen.
Nachdem Baker am 25. Juli angekündigt hatte, das Projekt des freien Mailclients Thunderbird aus der Mozilla Foundation ausgliedern zu wollen, hatten viele User ihr vorgeworfen, das Programm dem wichtigen Sponsor Google geopfert zu haben. "Sei ehrlich", fauchte ein Kommentator, "und benenne Firefox endlich um - in Google Front End."
Die Mozilla Foundation und die dazugehörige Mozilla Corporation haben 2005 gemeinsam 53 Millionen Dollar umgesetzt. Der größte Teil des Geldes stammt, so Baker im Jänner 2007, aus Kooperationen mit Suchmaschinenanbietern. Der Gedanke lag da nicht fern, dass Google einen Konkurrenten seines Web-Dienstes Google Mail abstellen wollte.
Junge User nutzen Webmail
Auch wenn Google Mail nichts mit den Überlegungen zur Thunderbird-Ausgliederung zu tun hat, liegt es doch an dem Erfolg von Webmail-Anbietern, dass Thunderbird an Flughöhe verliert. Baker gibt in einem Artikel vom 30. Juli zu bedenken, dass speziell jugendliche Internet-Nutzer statt der traditionellen POP-/IMAP-Clients häufiger zu Webmail-Interfaces greifen würden.
Tristan Nitot, Chef von Mozilla Europe, untermauert diese Feststellung mit Zahlen. "Es gibt mehr als 100 Millionen Firefox-Nutzer weltweit. Dem stehen ungefähr fünf Millionen Thunderbird-User gegenüber", schreibt er in seinem Weblog. Während die Web-Entwicklung weiter fortschreite, sei E-Mail kommerziell vergleichsweise uninteressant.
Baker sekundiert ihm und stellt fest, dass Thunderbird sich eher zu einer Firmensoftware entwickle. Mail sei weiterhin "nicht unwichtig", aber Firefox und Thunderbird seien zu verschieden, als dass dieselbe Organisation sich gleich gut um die beiden Programme kümmern könne.
Thunderbird fliegt weiter
An den Geschäftszahlen, so Baker weiter, liege es allerdings auch nicht, dass die Stiftung Thunderbird in eine andere Organisationsform auslagern wolle. Es gehe der Stiftung ohnehin nicht darum, Gewinne zu erzielen. Das Web sei einfach so viel wichtiger als Mail, dass die Stiftung sich dafür entschieden habe, ihre Aktivitäten auf Firefox zu konzentrieren.
Die beiden Entwickler Scott MacGregor und David Bienvenu werden, so Mozilla-Kommunikationschef Asa Dotzler, weiter an Thunderbird arbeiten. MacGregor hat sich in seinem Weblog für die Unterstützung durch die Thunderbird-Gemeinde bedankt und zeigt sich zuversichtlich, dass die neue Organisationsform die Weiterentwicklung des Programms beschleunigen werde.
Bitte um Ideen
Die Mozilla Foundation hat bisher noch nicht bekannt gegeben, welche neue Organisationsform für die Weiterentwicklung von Thunderbird gefunden wurde. Einstweilen fordert die Stiftung dazu auf, über die Zukunft des Mailclients und seiner Features im Mozilla-Wiki zu diskutieren.