Verwirrung über US-Einreiseregeln
EU-Justizkommissar Franco Frattini erneuert seine Forderung nach einem europäischen Flugpassagier-Informationssystem nach US-Vorbild. Seine Beamten stellen unterdessen fest, dass die Regeln für die Passagierdatenübermittlung in die USA schon wieder überholt sein könnten.
Als Antwort auf die vom US-Kongress beschlossene Einführung schärferer Einreisebestimmungen prüft die EU ebenfalls die Einführung einer elektronischen Online-Registrierung für Einreisende ohne Visum. Friso Roscam Abbing, der Sprecher von EU-Justizkommissar Franco Frattini, sagte am Dienstag in Brüssel, eine solche Option sei "nicht ausgeschlossen". Das habe Frattini in einem Schreiben an den US-Heimatschutzminister Michael Chertoff klar gemacht.
Für die EU stelle sich etwa die Frage, ob eine solche elektronische Reisegenehmigung nur für US-Bürger gelten würde oder auch für Staatsangehörige aus Drittstaaten. Das von den USA beschlossene neue Gesetz müsse in all seinen Auswirkungen erst von den Dienststellen der EU-Kommission analysiert werden, sagte der Kommissionssprecher. "Eine grundlegende Entscheidung ist noch nicht getroffen." Voraussetzung für die Einführung eines solchen Systems von europäischer Seite wären Erleichterungen für legal Einreisende und mehr Sicherheit, sagte der Sprecher.
Die Abschnitte im neuen Anti-Terror-Gesetz, auf die sich Frattinis Sprecher beruft, sind unter "Title VII Subtitle A - Terrorist Travel" beziehungsweise unter "Subtitle B - Visa Waiver" zu finden.
Darin legt der US-Gesetzgeber fest, dass nur Länder am Programm zum visumsfreien Reisen teilnehmen dürfen, die den US-Sicherheitsstandards genügen. Dazu gehört auch, dass die Länder aktiv mit den USA kooperieren, Reisen von Terroristen verhindern und ihre Informationen zu terroristischen und verbrecherischen Aktivitäten mit den US-Behörden teilen.
Online-Registrierung
Die von US-Präsident George W. Bush gebilligten neuen US-Bestimmungen sehen vor, dass sich Reisende ohne Visum 48 Stunden vor Abflug in den USA online registrieren lassen und einen Fragebogen ausfüllen. Die neuen US-Einreisebestimmungen waren am Montag Gegenstand von Beratungen zwischen dem Generaldirektor der EU-Kommission für Justiz und Inneres, Jonathan Faull, und den US-Vizeminister für innere Sicherheit, Paul Rosenzweig, in Brüssel.
Die EU verlangt von Washington eine Aufhebung des derzeit in den USA geltenden Visumzwangs für die seit 2004 der EU beigetretenen neuen Mitgliedstaaten und Griechenland, da US-Bürger in die gesamte EU ohne Sichtvermerke einreisen können. Unter den neuen EU-Staaten profitieren derzeit nur Bürger aus Slowenien von einer visumfreien Einreise in die Vereinigten Staaten.
Ohne Visum, mit Problemen
Um in das so genannte Visa-Waiver-Programm zu gelangen, das US-Aufenthalte von bis zu 90 Tagen ohne Sichtvermerk erlaubt, verlangten die USA bisher, dass die Visa-Ablehnungsrate unter drei Prozent liegt. Diese Rate wird durch das neue Gesetz auf zehn hochgesetzt, aber für eine Reihe von neuen Mitgliedsstaaten liegt sie noch immer zu hoch. Nach Angaben der Zeitung "European Voice" wird in Polen jeder vierte Visumantrag von den US-Behörden abgelehnt. Die EU-Kommission verlangt daher, dass auch die Überziehungsdauer bei US-Aufenthalten berücksichtigt wird, die als niedrig erachtet wird.
Bis zum nächsten Treffen der EU-Innenminister am 18. September will die EU-Kommission einen Bericht über die Folgen der neuen US-Einreisebestimmungen für die EU-Bürger vorlegen. Es sei unwahrscheinlich, dass der Report schon Empfehlungen über ein neues EU-Registrierungssystem enthalte, hieß es in Kommissionskreisen. Derzeit sei noch nicht einmal klar, welche und wie viele Daten von den US-Behörden verlangt würden.
Das US-Heimatschutzministerium hat jedoch auf seiner Website bereits Datensatzstruktur und Verwendungsprinzipien im Rahmen des Automated Targeting System [ATS-P] ausführlich publiziert.
Erst im Juli hatten die EU und die USA ein neues Flugpassagierdaten-Abkommen unterzeichnet, das am 1. August in Kraft trat. Der Umfang der an die US-Sicherheitsbehörden übermittelte Daten europäischer Flugpassagiere ändert sich gegenüber der bisherigen Praxis kaum.
Die Daten wurden allerdings umgruppiert, so dass die Zahl der übermittelten Datensätze von maximal 34 auf höchstens 19 gesunken ist. Die erhobenen Daten können von den US-Behörden 15 Jahre gespeichert werden.
(APA | futurezone)