Die Menschensuchmaschinen

09.08.2007

Die Suchmaschine Spock hat sich auf das Auffinden von Menschen spezialisiert. Sie zieht ihre Daten direkt aus Sozialen Netzwerken, der Wikipedia und natürlich aus dem restlichen Web. Seit Mittwoch befindet sich das System im öffentlichen Beta-Test und tritt in Konkurrenz zu Mitbewerber Wink.

Machen wir es dem Computer einfach und suchen nach dem derzeit mächtigsten österreichischen Politiker. Spock findet Arnold Schwarzenegger sofort und fächert seine Persönlichkeit nach Stichwörtern auf: Bodybuilder, Governor of California, Republican, Terminator actor. Seine Umgebung besteht aus seinem Gouverneurs-Vorgänger Gray Davis, noch vor seinem toten Vater Gustav und Johnny "Tarzan" Weissmüller.

Netzwerk zu klein

Was? Nur acht "related people"? Jeder MySpace-User bringt es in den ersten fünf Minuten auf mehr. Wäre Schwarzenegger Mitglied bei MySpace oder einem anderen Sozialen Netzwerk, würde Spock auch das mitteilen und seine Profile automatisch verlinken.

Rechts strahlt Schwarzenegger von einem der sieben Fotos, die Spock zu seinem Namen gefunden hat, darunter sein Geschlecht und sein Alter.

Die Suchmaschine fragt mich, ob nicht ich in Wirklichkeit der echte Schwarzenegger sei: "Claim Your Profile" heißt es da, und schon bin ich versucht, draufzuklicken und mich um den Posten des wahren Schwarzenegger zu bewerben, Schwarzeneggers Datenhaut überzuziehen und schließlich Schwarzenegger zu werden. Bis ich in der ebenfalls von Spock verlinkten Wikipedia-Biografie vom früheren Steroidkonsum des Bodybuilders lese. Aha. Dann lieber doch nicht.

Seit Mittwoch ist sie in der "Public Beta" frei zugänglich, die Suchmaschine Spock, die sich darauf spezialisiert hat, online verfügbare Informationen über Menschen zu sammeln. Das Projekt, geleitet von dem Ingenieur Jay Bhatti, einem ehemaligen Produktmanager bei Microsoft, wird von den Risikokapitalfirmen Clearstone und Opus unterstützt.

Spock, Wink, Zoominfo

Spock tritt damit in direkte Konkurrenz zu Projekten wie Wink, einer Suchmaschine, die bereits seit November 2006 personenzentrierte Daten aus Sozialen Netzwerken zieht, und dem im Jahr 2000 gestarteten Zoominfo, das sich allerdings eher auf Informationen aus der Business-Welt spezialisiert hat und nicht primär eine Menschensuchmaschine ist. Wink gibt an, über 200 Millionen Profile im Index zu halten.

Mit Suchmaschinen wie Wink und Spock wird am Ende wirklich jeder zum Schwarzenegger, zum Andy-Warhol-Superstar, über den vollautomatische Bot-Paparazzi jedes auch noch so irrelevante Bit an Fakten zusammenkehren, das sie im Web auftreiben können.

Der veröffentlichte Mensch

Das funktioniert aber nur deshalb, weil viele Menschen umfangreiche Informationen über sich selbst freiwillig ins Netz stellen. "Spock sammelt nur Daten, die bereits an anderer Stelle veröffentlicht wurden", heißt es auf der Website des Unternehmens. Dass diese Daten zusammengenommen und übersichtlich präsentiert eine neue Qualität erhalten können, darüber schweigt sich Spock in vulkanischer Kargheit aus.

Spock weist auch jede Verantwortung für die von ihm verarbeiteten und präsentierten Informationen zurück. Man suche nur das Web und die bekannten Sozialen Netzwerke wie MySpace, Facebook und LinkedIn ab, Korrekturwünsche zu den dargestellten Profilen seien an die Ursprungssites zu richten. Verborgene Profile und geschützte Websites nimmt Spock nach eigenen Angaben nicht auf den Index.

Zurückhaltung vs. Geschäftsmodell

Man bemühe sich auch, Informationen nicht darzustellen, die zur Identifikation einer Person beitragen könnten. Kinder unter 13 Jahren sollen von der Suchmaschine nicht erfasst werden, um einem US-Jugendschutzgesetz zu entsprechen.

Immerhin gibt die Menschensuchmaschine Tipps dazu, wie man vermeiden kann, von ihr gefunden zu werden. Der wichtigste lautet, schlicht keine persönlichen Daten ins Netz zu stellen.

In Nachbarschaft der Welt

Abgesehen von den Datenschutzbedenken steht die Frage im Raum, ob nicht Google doch beim Auffinden von Menschen einen besseren Job macht als Spezialisten wie Spock und Wink. Schneller als Spock ist Google jedenfalls. Der Newcomer legt zumindest in der Beta-Version noch eine lange Denkpause ein, bevor er seine Ergebnisse darstellt.

Liegen diese aber vor, zeigt sich Spock als potenziell mächtiges Werkzeug zum Data-Mining. Man weiß, mit welchen Stichwörtern sich ein Nutzer selbst beschreibt, man weiß, wie er aussieht, in welchen Sozialen Netzwerken er unter dem jeweiligen Namen unterwegs ist und auf welchen Websites biografische Informationen verzeichnet sind.

Tag für Tag

Spock zeigt außerdem wieder die Macht von Tags, neben den offenen Anwendungsschnittstellen wohl das wichtigste Feature Sozialer Websites. Ein Klick genügt, um sich alle von Spock gefundenen Java-Programmierer, Schachfreunde oder Freeclimber anzeigen zu lassen. Sowohl Spock als auch Wink bieten die Suche nach geografischen Kriterien.

Auch wenn es keine Garantie dafür gibt, dass die von Spock und Wink aufgespürten Informationen korrekt sind, bieten sie doch eine neue Qualität in der Aufbereitung des im Web vorhandenen persönlichen Datenmaterials.

Sollten diese Menschensuchmaschinen wirtschaftlich überleben und ihre Funktionen weiter verfeinern, böte sich schon bald die nächste Geschäftsgelegenheit für ein findiges Start-up, das gegen eine ordentliche Gebühr unter dem Namen des Kunden derart viele Profile mit widersprüchlichen Angaben anlegt, dass die virtuelle Persönlichkeit des Auftraggebers am Ende verschwimmt.

(futurezone | Günter Hack)