Bild: Christian Fuchs / Leiwandville

Öffentlich-rechtlich und frei

09.08.2007

Auf dem Chaos Communication Camp hat ARD-Generalsekretärin Verena Wiedemann über freies Fernsehen im Netz referiert. ORF.at sprach mit Wiedemann über Konkurrenzdruck und Vertriebskonzepte.

Was bringt eigentlich die Generalsekretärin der ARD dazu, in einem ehemaligen Sowjet-Fugzeughangar auf einem Hacker-Kongress aufzutreten, um den dort Versammelten Rede und Antwort zu stehen?

Wiedemanns Antwort ist klar: "Weil ich nicht im stillen Kämmerchen sitzen und rumspinnen will, was nun die digitale Strategie der Zukunft für die ARD sein könnte." Die Generalsekretärin des deutschen öffentlich-rechtlichen Senderverbunds sprach am Rande ihres Vortrags am Donnerstag mit ORF.at.

Verena Wiedemann. Bild: Christian Fuchs / Leiwandville

==Auf die Nutzer hören==

Die ARD frage sich, nach welchen Kriterien die Inhalte des öffentlich-rechtlichen Rundfunks im Netz angeboten werden könnten. In diesem Zusammenhang sei es wichtig, die Nutzer nach ihren Wünschen zu befragen.

"Die Teilnehmer des Chaos Communication Camps sind als Intensivnutzer des Internets prädestiniert, zur ARD-internen Meinungsbildung beizutragen", sagte Wiedemann vor ihrem Auftritt im Hangar "Bar" auf dem ehemaligen Sowjet-Militärflughafen Finowfurt bei Berlin.

Kostenloses Angebot in Gefahr

Im Moment biete die ARD ein "Seven-Day-Catchup" vieler der selbst produzierten Sendungen kostenfrei im Netz zum Download an. Anders als bei der BBC, die nur in Großbritannien frei vertreibe, sei der Download der ARD jedoch nicht geografisch eingeschränkt.

Dieses Angebot wolle man seitens der ARD so lange wie nur irgend möglich aufrechterhalten. Allerdings fordere der kommerzielle Mitbewerb, dass die ARD ihre Inhalte via Satellit nicht mehr "free to air" anbieten solle, sondern verschlüsselt. Dasselbe gelte nun für das freie Angebot im Internet.

Kampagne der Zeitungskonzerne

"Seit Juni läuft eine Riesenkampagne der Zeitungsverleger gegen die ARD", sagt Wiedemann, der ARD solle untersagt werden, Internet-Inhalte in Text und Bild kostenfrei anzubieten.

Die Medienhäuser, die Audio- und Videoinhalte produzierten, verlangten von der ARD, die bisher frei im Netz angebotenen Inhalte für die Nutzer kostenpflichtig zu machen. Pay per View also. "Wo bliebe da noch eine Entwicklungsmöglichkeit für die ARD?", fragt die Generalsekretärin.

"Wir würden letztlich dieselben Inhalte

wie rein kommerziell orientierte Medienhäuser anbieten müssen", sagte Wiedemann. Was auf der Strecke bliebe, könne man sich ausrechnen.

Verwertungskette im Griff

Auf der anderen Seite würden dieselben großen Verlage Deutschlands, die bereits lokale wie regionale Monopole im Printbereich innehätten und zudem Teile des Privatradiomarkts beherrschten, nun deutschlandweit groß ins Regional-TV einsteigen.

"Damit beherrschen sie die komplette Medienkette und unterlaufen die medienkonzentrationsrechtlichen Bedingungen", sagte Wiedemann. Um mittels Internet-Technologie normales TV-Programm anbieten zu können, bräuchten sie auch keine

Rundfunklizenz, argumentierten diese Medienbetreiber, so Wiedemann.

Gespräche mit Joost

Die ARD habe Gespräche mit der IPTV-Plattform Joost geführt. Letztlich habe man sich aber gegen diese Kooperation entschieden. "Das Geschäftsmodell hat nicht zu den Verbreitungsplänen der ARD gepasst", so Wiedemann.

Was die zahlreichen Videoclips der ARD auf YouTube angehe, so befinde sich die Organisation ebenfalls noch in der Phase der Meinungsbildung. Hier wie bei Joost gehe es um die angebotene Auswahl aus ARD-Programmen.

YouTube-Kompatibilität

Bei YouTube müsse man außerdem besonders darauf achten, nicht mit ARD-Inhalten in einem Kontext zu erscheinen, der mit dem öffentlich-rechtlichen Auftrag nicht kompatibel sei.

(Erich Moechel aus Finowfurt)