Österreichs Internet soll archiviert werden
Ab 2008 will die Österreichische Nationalbibliothek [ÖNB] alle Websites mit der Endung .at automatisch speichern und somit auch künftigen Generationen zugänglich machen. Zweimal im Jahr soll eine Bestandsaufnahme gemacht werden.
Webpages seien "für die Alltagsgeschichte von immenser Bedeutung", erklärte ÖNB-Generaldirektorin Johanna Rachinger. Deshalb will die ÖNB-Chefin ab 2008 auch alle Websites für kommende Generationen aufbewahren.
Geplant sei, zweimal pro Jahr einen Crawler durchs Netz zu schicken, der die Seiten automatisch speichern soll.
"Sehr positive" Machbarkeitsstudie
Online-Inhalte zu speziellen Anlässen und Großereignissen wie der Fußball-Europameisterschaft Euro 2008 sollen in weiteren Momentaufnahmen archiviert werden. Die ÖNB wäre "eine der ersten Nationalbibliotheken, die das machen", so Rachinger.
Eine "sehr positive" Machbarkeitsstudie der TU gebe den Rückhalt dafür, so Rachinger weiter. Das Geld dafür muss Rachinger allerdings noch erhalten - vier Mio. Euro sind dafür nötig.
Sie selbst geht davon aus, dass sie das Geld bekommt, und verweist dazu auf das Regierungsübereinkommen, in dem sich die heimische Regierung für die Digitalisierung des kulturellen Erbes ausspricht.
Eine für Herbst angestrebte Änderung des Mediengesetzes im Nationalrat soll zudem eine Abgabepflicht für wissenschaftliche und literarische Publikationen, die nur auf elektronischem Weg veröffentlicht werden, an die ÖNB einführen.
Datenmenge explodiert
Derzeit archiviert die Österreichische Nationalbibliothek digitale Daten im Umfang von einem Terabyte - weniger als ein Prozent der Objekte der Österreichischen Nationalbibliothek sind im Moment digitalisiert.
Mit den neuen Aufgaben würde das "explodieren": "In fünf Jahren hätten wir nach unseren Berechnungen 200 Terabyte, pro Jahr würden rund 50 Terabyte dazukommen", so Rachinger.
Bereits jetzt verdoppelt sich die wissenschaftliche Information alle ein bis zwei Jahre, 2002 kamen weltweit fünf Milliarden Gigabyte hinzu. Das entspricht laut Max Kaiser von der ÖNB der fünftausendfachen Informationsmenge aller 370 Millionen Bücher sämtlicher Bibliotheken Deutschlands.
Lediglich 0,01 Prozent dieser neuen Daten lagen in gedruckter Form vor, 92 Prozent waren nur auf magnetischen Speichern gesichert.
~ Link: Scans aus ÖNB-Papyrussammlung online (../http://www.fuzo-archiv.at/?id=206423v2) ~
Noch kein Standard für Archivierung
Wie man die digitalen Daten so aufbewahrt, dass sie nicht nur weiter vorhanden, sondern auch für immer lesbar bleiben, und das noch dazu auf finanzierbare Weise, ist derzeit ungeklärt. "Da ist die Lösung weltweit noch nicht gefunden", so Rachinger, weder in Sachen Formate noch bei den Systemen.
Die Österreichische Nationalbibliothek speichert jeden Datensatz auf zwei verschiedenen Festplatten sowie auf Magnetbändern, die im Hochsicherheitsspeicher des Bundes in St. Johann im Pongau gelagert werden, schildert Rachinger. "Das ist jedoch sicher nicht der Weisheit letzter Schluss."
Dies sei jedoch im großen Projekt der European Digital Library [EDL] mitbedacht worden. Diese soll - auch als Gegenprojekt zur Digitalisierungsanstrengung des US-Suchmaschinenunternehmens Google - länderübergreifend europäische Inhalte aus den großen Bibliotheken im WWW verfügbar machen.
(APA)