Web-Jukebox Deezer mit Problemen
Der neu gestartete französische Online-Musikdienst Deezer [ehemals Blogmusik] bietet werbefinanziertes On-Demand-Streaming von Musik und einen kostenlosen Online-Musikspeicher an. Der Musikkonzern Universal Music droht mit rechtlichen Schritten.
Im vergangenen Februar musste der französische Online-Musikdienst Blogmusik nach Klagsdrohungen der Verwertungsgesellschaft SACEM vom Netz genommen werden. Am vergangenen Mittwoch präsentierte sich das Service runderneuert und mit neuem Namen [Deezer] im Netz und vekündete eine Lizenzvereinbarung mit den französischen Verwertungsgesellschaften SACEM und SESAM.
Mit den Verwertern wurde eine Teilung der Werbeeinnahmen vereinbart, hieß es. Deezer sei nun der weltweit erste On-Demand-Streaming-Dienst, der ohne Einschränkungen kostenlos und legal genutzt werden könne, vermeldete das Unternehmen in einer Presseaussendung.
Verhandlungen mit Labels
Mit den großen Musikkonzernen und Vertretern von unabhängigen Labels stehe man noch in Verhandlungen, hieß es. Lizenzvereinbarungen sollten demnächst folgen.
On-Demand-Radio und Musikempfehlungen
Der [noch Lücken aufweisende] Katalog von Deezer kann nach Song- oder Album-Titel sowie Künstler durchsucht und über einen webbasierten Browser angehört werden.
Die eigene Musiksammlung kann in einem Online-Musikspeicher abgelegt, in Playlists geordnet und anderen Nutzern zugänglich gemacht werden. Beim Upload werden nur MP3-Files akzeptiert.
Über SmartPlaylists [noch in der Betaversion] werden, ähnlich wie beim Musikempfehlungsdienst Pandora, auf Basis ausgewählter Songs und Künstler Musiktipps gegeben.
Universal droht mit rechtlichen Schritten
Der Musikkonzern Universal drohte unterdessen bereits zwei Tage nach dem offiziellen Neustart des Dienstes mit rechtlichen Schritten. Die Nutzung von Universal-Musik durch Deezer sei "illegal", hieß es in einem dem US-Wirtschaftsmagazin "Forbes" vorliegenden Statement des Unternehmens.
Man habe von Deezer die Entfernung von Universal-Musik aus dem Angebot verlangt und werde gegebenenfalls weitere Maßnahmen ergreifen, um seine Rechte durchzusetzen.
Von Lizenzverhandlungen mit Deezer war in dem Statement keine Rede. Eine ORF.at-Anfrage bei Deezer läuft.
Musikabo mit Neuf Cegetel
Dass Universal Music gegen die Web-Jukebox mobil macht, dürfte auch daran liegen, dass der Musikkonzern in Frankreich seit kurzem gemeinsam mit dem Telekommunikationsanbieter Neuf Cegetel ein Musikabo mit einem kombinierten Internet-Zugang anbietet.
Drohung ohne Wirkung
Die Universal-Drohung blieb zumindest vorerst ohne Wirkung.
Tracks von Universal-Künstlern wie Kayne West und Amy Winehouse fanden sich Sonntagabend, ebenso wie zahlreiche Titel anderer großer Musikkonzerne, nach wie vor im Deezer-Angebot.
Lala in der Warteschleife
Vor kurzem versuchte der US-Musikdienst Lala.com mit einem ähnlichen Konzept, kostenloses On-Demand-Streaming in Verbindung mit einem Online-Musikspeicher anzubieten. Die Lizenzkosten für das Streaming sollten über die Einnahmen aus einem angeschlossenen Online-Musikshop eingespielt werden.
Zuletzt musste Lala.com sein Gratisstreaming-Angebot jedoch zurückschrauben. Offiziell wurde als Grund die Überlastung der Server genannt.
Marktbeobachter vermuteten jedoch, dass fehlende Lizenzen und die mangelnde Unterstützung der Musikbranche die Gründe für das noch immer eingeschränkte Angebot sind.
Erinnerungen an MP3.com
Lala und Deezer knüpfen mit ihren Diensten an den Online-Musikpionier MP3.com an, der im Jahr 2000 mit einem Online-Speicherkonzept für Musik die Industrie aufscheuchte. Nach einer Klagewelle wurde der Dienst schließlich an Vivendi Universal verkauft.
Auch MP3.com-Gründer Michael Robertson bietet über MP3tunes seit mittlerweile fast zwei Jahren, wie zahlreiche andere Anbieter auch, wieder einen Online-Musikspeicher an.