Keine Grundgesetzänderung für Trojaner

deutschland
29.08.2007

Die SPD-Innenminister der deutschen Bundesländer wollen nicht, dass das Grundgesetz geändert wird, um die Online-Durchsuchung zu ermöglichen.

Pläne des deutschen Innenministers Wolfgang Schäuble [CDU] zur Online-Durchsuchung sind in der SPD auf Widerstand gestoßen. Der Sozialdemokrat Ralf Stegner, Innenminister des deutschen Bundeslandes Schleswig-Holstein, bezweifelte am Mittwoch, dass sich mit dieser umstrittenen Methode Terroristen aufspüren ließen. Die SPD werde für Verfassungsänderungen nicht zur Verfügung stehen, mit denen Online-Durchsuchungen ermöglicht werden sollen.

Im Mittelpunkt der Debatte steht ein Schreiben des Innenministeriums, in dem Fragen des Justizressorts zur geplanten Online-Durchsuchung beantwortet werden sollen. In dem zuerst im deutschen Bürgerrechtsblog Netzpolitik.org verbreiteten Schreiben heißt es, dass Computer "in begründeten Ausnahmefällen" durch E-Mails mit gefälschten Absendern - etwa unter dem Namen einer anderen Behörde - infiziert werden sollten.

Ministerien lehnen Stellungnahme ab

Beide Ministerien lehnten es ab, zum Inhalt des Schreibens Stellung zu nehmen. Es handle sich um Arbeitsunterlagen, die an einen bestimmten hochrangigen Personenkreis versendet worden seien, sagte der Sprecher des Innenministeriums, Stefan Kaller. Er sei nicht bereit, das näher zu erläutern. Sein Kollege vom Justizministerium, Henning Plöger, sagte, er werde nichts inhaltlich kommentieren und sich nicht zu Teilschritten äußern.

Kaller bestätigte, dass am Freitag die Arbeitsgruppe der Innen- und Justizpolitiker der Koalition zur Online-Durchsuchung/BKA-Gesetz zusammentritt. "Wir führen diese Gespräche, und dann sehen wir mal, wie weit wir kommen."

Stegner, Sprecher der sozialdemokratischen Innenminister, sagte in mehreren Interviews, anders als beim Abhören von Telefonaten gehe es bei der Online-Durchsuchung nicht um konkrete Verdächtige. Vielmehr gehe es um flächendeckende Ausspähung ohne konkreten Verdacht. Das könne "gesellschaftspolitischen Flurschaden" anrichten. Journalisten, die in diesem Milieu recherchierten, könnten so ins Visier der Behörden geraten.

Parteitaktiker Schäuble

Es sei keine kluge Art, Durchsuchungen mit gefälschten E-Mails anzukündigen, erklärte Stegner. Schäubles Forderung sei auch nicht durchsetzbar. Sein Motiv sei es eher, die SPD vorbeugend als Verhinderer darzustellen. Wenn es einen Terroranschlag gäbe, der statistisch wahrscheinlich sei, könne Schäuble wohl sagen: "Seht her, das wäre zu vermeiden gewesen, wenn die SPD mitgemacht hätte." Seit den Terroranschlägen vom September 2001 seien die Sicherheitsgesetze erheblich verschärft worden. Daraus dürfe kein beliebiger Umgang mit der Verfassung erwachsen.

Der Deutsche Anwaltverein [DAV] warnte vor Überreaktionen. In einer Stellungnahme zum Regierungsentwurf des Gesetzes zur Neuregelung der Telekommunikationsüberwachung heißt es, heimliche Überwachungsmaßnahmen bedürften in einem Rechtsstaat der besonderen Legitimation.

(APA | AP)