Google und das Linux-Handy

31.08.2007

Ob Google ein eigenes Linux-Endgerät, wie Blogger raunen, oder "nur" eine Software-Suite für Mobiltelefonie auf den Markt bringt, wird sich in Kürze weisen. Das Match geht um nichts weniger als um die neue Software-Plattform für Anwendungen jenseits der Telefonie im Mobilfunk.

Egal was für ein mobiles "G-Produkt" da präsentiert wird - mit hoher Wahrscheinlichkeit wird es sich um einen mobilen Web-Browser in Kombination mit Google Maps drehen.

Die von Google heftig unterstützte Mozilla Foundation hatte im Mai herausgelassen, dass man an einer mobilen Version des Browsers Firefox arbeite. Google-Chef Eric Schmidt wiederum hatte um dieselbe Zeit so nebenbei erwähnt, dass sich seine Firma gerade auf die Entwicklung mobiler Applikationen konzentriere.

Das Geschäftsmodell

Das Google'sche Geschäftsmodell mit personalisierter Werbung wird durch Einsatz auf dem Mobilgerät linear erweitert, denn zu den bestehenden kommen dann die Zugriffe von unterwegs befindlichen Benutzern von Smartphones.

"Google Ads" in Kombination mit "Google Maps" haben auf Handys schon deshalb Sinn, weil es sich dabei um sehr schlanke Dateien handelt, was angesichts der Bandbreiten-Brustschwäche, die dem Mobilfunksektor anhängt, entscheidend ist.

Die Gastronomie

Von der Qualität der Zugriffe her ist jedoch für Google noch weitaus mehr zu erwarten, denn am gefragtesten unter mobilen Kunden werden in erster Linie "Location-based Services" sein.

Die lassen sich nicht nur werbemäßig teurer vermarkten, sondern sprechen auch eine immens große Kundschaft an, für die es bisher wenig Sinn gehabt hatte, Google Ads zu buchen.

Der Antrieb für die regionale Gastronomie von Alaska bis Kalifornien zur Werbeeinschaltung ist logischerweise deutlich höher, wenn der potenzielle Gast erreicht wird, der momentan nur einen Häuserblock entfernt ist und ungefähr das sucht, was man selbst zu bieten hat.

Kein Streuverlust

Diese Art von Werbung praktisch ohne Streuverlust liegt dem gesamten Google'schen Geschäftmodell zugrunde, es ist de facto ein Muss für Google, in diese Richtung zu expandieren.

Und hier kommen Betriebssysteme ins Spiel - beziehungsweise die Mobilfunkbetreiber, so einfach kommt Google nämlich nicht aufs Handy.

Laut "Wall Street Journal" waren Verhandlungen Googles mit den US-Mobilfunkern im Frühjahr ziemlich kompliziert verlaufen, als Hauptgrund wurde genannt: Google will einen zu großen Teil vom mobilen Werbekuchen.

Suspekte Googles

Der iPhone-Deal Apples mit AT&T ist für Google schon deshalb nicht einfach mit einem anderen Betreiber zu wiederholen, weil die Mobilfunker selber ortsbezogene Dienste anbieten wollen. Die geografischen Daten dafür müssen nicht einmal zugekauft werden, da sie im eigenen Netz anfallen.

Anders als der Hardware-Verkäufer Apple mit seinen proprietären Betriebssystemen - von iPod bis iPhone - kommen die Google-Services via Web-Browser über alle Betriebssysteme daher, für ihre Serverparks benutzen sie Linux. All das ist den Mobilfunkern gar nicht geheuer.

In der real existierenden mobilen Kommunikationswelt ist das für Google deshalb ein Problem.

Microsoftware

Nur ein verschwindend kleiner Teil der Handybenutzer installiert irgendwelche Software selber. Was drauf ist, wird benutzt, oder auch nicht.

Verbreitet sind Downloads von Klingeltönen und Musik im Privatbereich, während Berufsbenutzer vor allem auf Synchronisation mit Microsoft Outlook Wert legen.

Das heißt, bei erhältlichen Internet-tauglichen Smartphones, von denen ein beträchtlicher Teil unter dem Microsoft-Betriebssystem läuft, ist Google eine Website in den Bookmarks, sonst nichts.

Nokia und Symbian

Die unangefochtene Marktführerschaft wiederum bei Mobiltelefonen weltweit hat Nokia jüngst noch ausgebaut, wobei die Finnen eben längst nicht allein über die Handy-Hardware dominieren.

Die von Nokia kontrollierte Software-Plattform Symbian liegt weltweit an Marktanteilen [67 Prozent]weit vor den Nokia-Handys [37 Prozent], Software bestimmt also die Hardware-Strategie des Marktführers.

Die von vielen anderen Handyherstellern genutzte Symbian-Plattform wurde allerdings für GSM-Telefonie entwickelt, die anfängliche Datenraten von 9,6 kBit/s als Standard hatte.

Dementsprechend langsam haben sich die Applikationen entwickelt, was an Anspruchsvollerem gut funktioniert - wie etwa E-Mail auf den BlackBerrys -, folgt dem Internet-Prinzip.

Schlaue Handys

Laut den Mobilfunkanalysten von ABI-Research werden Linux-basierte Smartphones einen Marktanteil von 31 Prozent bis 2012 erreichen, die Windows-Geräte werden von anderen etwas darunter oder darüber eingeschätzt.

Die momentane Dominanz der mobilen Software durch Nokia ist jedenfalls endenwollend, auch wenn für den mobilen Software-Markt selbst "nur" globale Umsätze jenseits von sechs Milliarden Dollar für 2009 vorausgesagt werden.

Software-Plattformen

Zum einen machen den Löwenanteil davon die Entwicklungen für Software-Plattformen aus. Zum anderen sieht man, wie Nokia über Symbian global erfolgreich die Fäden in der Entwicklung des Mobilfunks gezogen hat.

Symbian wird als solide und eingeführte Technologie im Bereich reiner Mobiltelefonie und SMS noch lange dominierend bleiben. Die Entwicklung der höherwertigen, Web-basierten Services aber wandert in Richtung Microsoft und Linux ab.

Microsoft selbst hat schon einen, doch einen allgemein anerkannten Standard für eine mobile Software-Plattform unter Linux gibt es noch nicht.

LiMo - Linux Mobile

Die im Frühjahr 2007 von Motorola, NEC, Panasonic Mobile, Samsung sowie den Mobilfunkriesen NTT DoCoMo und Vodafone gegründete LiMo-Foundation treibt - nach eigenen Angaben - die Entwicklung einer "weltweiten, offenen Plattform" für mobiles Linux als .

Von LG Electronics angefangen sind über Broadcom, ARM andere Hard- und Softwarehersteller Anfang August dazugekommen.

Schwadroniert wird über ein "offenes Ökosystem" als "evolutionäre Plattform" mit "fantastischen Möglichkeiten für die Benutzer" was wiederum sehr an "Google Talk" erinnert.

(futurezone | Erich Moechel)