Elektronik-Dickicht im Auto nimmt zu
Immer mehr Autokäufer greifen zu Nachtsichtgerät, Head-up-Display & Co. Die elektronischen Helferlein stehen dem Fahrer zur Seite und sorgen für mehr Komfort. Die Industrie steht vor der Herausforderung, der Komplexität Herr zu werden.
In den vergangenen Jahren hat die Zahl elektronischer Fahrzeugkomponenten rapide zugenommen - von Airbags und dem Anti-Blockiersystem [ABS] über das Elektronische Stabilitätsprogramm [ESP] bis zu Navigationssystemen.
Vollgestopft mit Elektronik soll das Hightech-Auto von morgen sicherer, umweltfreundlicher und bequemer sein.
Nachtsichtgerät und Abstandsregler
"Generell lässt sich sagen: Mit steigender Motorleistung und Klasse steigen auch die Hightech-Ausstattungsmerkmale. Dabei ist vor allem die Sicherheit ein großes Thema", erklärt Mercedes-Pressesprecher Gregor Waidacher zu ORF.at.
"So sind alle Fahrzeuge der S-Klasse mit einem Navigationssystem ausgerüstet, die Hälfte der Käufer in dieser Klasse greift zudem zum Nachtsichtgerät, und auch der radargesteuerte Abstandsregelungstempomat Distronic Plus wird häufig dazugekauft", so Waidacher. "Für mehr Komfort werden besonders gerne Massage- und belüftete Sitze genommen."
Head-up-Display und Rückfahrkamera
Auch bei BMW werden vor allem die größeren Baureihen 5er, 6er und 7er großzügig mit neuesten Elektronikfeatures ausgestattet.
"Besonders das Head-up-Display, die Aktivlenkung, der Fernlichtassistent sowie die Rückfahrkamera haben dabei großen Anteil", sagt BMW-Pressesprecher Michael Ebner.
Weitere beliebte Sonderausstattungen seien die Klimaautomatik, die Einparkhilfe [Park Distance Control], der Regensensor und die Geschwindigkeitsregelung.
Kaum ein Modul ohne Elektronik
Nach Angaben des deutschen Verbandes der Automobilindustrie [VDA] hat die Elektronik derzeit einen Anteil von 25 Prozent der Wertschöpfung in einem Automobil, nach 15 Prozent vor einigen Jahren.
Bis 2015 werde dieser Anteil auf 40 Prozent wachsen, prognostiziert der VDA. "Bereits heute gibt es kaum noch ein Modul im Auto, das ohne Elektronik auskommt", so ein VDA-Sprecher.
Für die Industrie sollen bessere Sicherheitssysteme vor allem auch zu Verkaufsschlagern werden: "Safety sells" [Sicherheit verkauft sich], sagt Peter Rieth, Leiter Zukunftsentwicklung bei Continental Automotive Systems. Das habe auch mit strenger Gesetzgebung in den USA zu tun und mit der Zielvorgabe der EU, bis 2010 die Zahl der Verkehrstoten zu halbieren.
Als vielversprechender Ansatz gilt die Car-to-Car-Kommunikation. Damit sollen zum Beispiel Staus deutlich verringert werden. Experten schätzen jedoch, dass es bis zu einer flächendeckenden Versorgung noch einige Jahre dauern werde.
Ordnung in das Software-Dickicht
Technologisch steht die Industrie dabei vor allem vor der Herausforderung, das reichlich komplizierte "Software-Dickicht" im Auto zu lichten.
"Die größte Herausforderung ist es, der Komplexität Herr zu werden, um Kosten und Fehler zu verringern", sagt Software-Ingenieur Ralf Kalmar vom Fraunhofer-Institut für experimentelles Software Engineering in Kaiserslautern. "Je mehr Funktionalität es gibt, desto schwieriger wird sie beherrschbar."
Die Autoindustrie habe aber ihre Anstrengungen, die Software-Qualität zu steigern, massiv verstärkt. Es gehe darum, mehr Ordnung in die elektronische Infrastruktur zu bringen.
Auto überprüft Alkoholwert
Geht es nach dem Autobauer Nissan, entscheidet künftig das Auto, ob es sich in Betrieb setzt, nicht der Fahrer. Der Fahrer muss dafür nüchtern und aller Sinne mächtig sein. Ein entsprechender Prototyp wurde bereits vorgestellt.
Der Fahrer bleibt der Chef im Wagen
Auch von einer anderen Seite gibt es mahnende Worte: Zwar biete die Autoelektronik große Potenziale, sagt der Verkehrspsychologe Karl-Friedrich-Voss. Die Frage sei aber, welche Auswirkungen es auf das Verhalten der Fahrer gebe. "Ich befürchte, dass viele Systeme den Fahrer in einer falschen Sicherheit wiegen."
Die Industrie indes versichert: "Wir überlegen uns ganz genau, was und wie viel wir dem Menschen abverlangen können und wo wir aufhören. Die Maxime ist immer, die Verantwortung des Fahrers nicht zu reduzieren", sagt Conti-Manager Rieth.
Und Rainer Kallenbach, Bereichsvorstand Vertrieb Automobilelektronik beim weltgrößten Autozulieferer Bosch, meint: "Der Fahrer bleibt der Chef."
(futurezone | dpa)