Velcom-Übernahme kann teuer werden

12.09.2007

Die Telekom Austria verhandelt nach Presseberichten bereits mit den neuen [Zwischen-]Eigentümern des zweitgrößten weißrussischen Mobilfunkers Velcom. Das Unternehmen hat am Dienstag in Minsk jedoch betont, dass der Verkauf von 51 Prozent Staatsanteilen an der Velcom nicht bestätigt werden könne.

Jenes weißrussische Mobilfunkunternehmen, das am Freitag in ORF.at als wahrscheinlichster Übernahmekandidat gehandelt wurde, ist seit Dienstagnachmittag nun auch offiziell bekannt.

Eine Sprecherin des Mobilfunkers hat am Dienstag in Minsk auf APA-Anfrage bestätigt, dass die weißrussische Regierung bei einem entsprechenden Angebot bereit sei, ihre Mehrheitsanteile an Velcom zu verkaufen.

Neue Situation

Das ist freilich eine neue Situation, denn bisher war man davon ausgegangen, dass die Regierung in Minsk dem langjährigen Velcom-Miteigentümer, dem zypriotischen Investor SB Telecom, bereits den Zuschlag erteilt habe und das Geschäft gelaufen sei.

Vor zwei Wochen hatte die weißrussische Nachrichtenagentur BelTA - Sprachrohr von Dikator Alexander Lukaschenko - berichtet, dass SB Telecom zu den eigenen 49 Prozent nun auch die 51 Prozent Staatsanteile an Velcom erworben habe.

"Wir haben nie bestätigt ..."

Das wurde von der Sprecherin der Velcom nun am Dienstag gegenüber der APA dementiert. "Wir haben nie bestätigt, dass die Staatsanteile bereits an SB Telecom verkauft worden sind", versicherte sie der APA.

Die "Presse" berichtet am Mittwoch, dass die Telekom Austria die Verhandlungen inzwischen direkt mit dem neuen Eigentümer führe. Der bisher in Finanzkreisen kursierende Übernahmepreis von mehr als 1,6 Mrd. Euro sei überdies zu hoch gegriffen: rund 1,2 Milliarden Euro sei der Deal wert, schreibt die "Presse".

"Profitabel wachsen"

Dass die Übernahme der 51 Prozent Staatsanteile an der Velcom durch die zypriotische SB Telecom nun laut Velcom doch nicht mit Brief und Siegel bestätigt ist, legt allerdings einen ganz anderen Schluss nahe: Dass nämlich Lukaschenko mehr Geld für die eigene Kasse sehen will.

Die Telekom Austria wiederum hatte am Montag betont, dass man weiterhin nur "profitabel wachsen" wolle und sich bei Übernahmen "der in der Vergangenheit wiederholt unter Beweis gestellten Finanzdisziplin verpflichtet" fühle.

Finanzdisziplin am Pokertisch

Es wird ganz offensichtlich weiter gepokert und dass dies noch unter Beteiligung der Staatseigentümer passiert, lässt verstehen, warum die TA die vergangene "Finanzdisziplin" betont.

Das Muster praktisch aller Übernahmen von osteuropäischen Mobilfunkunternehmen durch internationale Telekoms, an denen der jeweilige Staat noch maßgeblich beteiligt war, sieht nämlich so aus:

Die Spielregeln

Eine Investorengruppe, die zumeist schon länger an diesem Mobilfunkunternehmen beteiligt ist, erwirbt auch die restlichen staatlichen Anteile.

Sobald das abgewickelt ist, steigt dann eine der großen europäischen Telekoms ein und übernimmt schließlich 100 Prozent. Ebensoviel Prozent, aber an Gewinn, streifen gefinkelte Investoren in Osteuropa am Ende des Tages ein.

Für 100 Millionen Euro, die der staatliche Miteigentümer zusätzlich erlösen will, fallen für den letztendlichen Erwerber so gegen 200 Mio. an.

Das Beispiel Mobiltel

Die Übernahme der bulgarischen Mobiltel durch die Telekom Austria 2005 hatte sich nach genau diesem Muster abgespielt. Eine österreichische Investorengruppe rund um Finanzjongleur Martin Schlaff hatte für etwa 800 Millionen Euro Einsatz für den bulgarischen Marktführer 2005 letztlich rund 1,6 Milliarden nach dem Verkauf an die TA kassiert.

Der Versuch, einen derartigen Coup ein Jahr später mit der serbischen Mobtel zu rekapitulieren, schlug freilich fehl. Von einem vermeintlichen Mehrheitsanteil an der Mobtel durch Schlaff und Co. blieben nach einem Rundumschlag der serbischen Behörden nur 20 Prozent Beteiligung übrig.

"Türöffner" Martin Schlaff

In Serbien hatten die Turbulenzen im Übrigen damit begonnen, dass sicher geglaubte Eigentumsverhältnisse plötzlich vonseiten des Staats beeinsprucht wurden.

Wie die APA berichtet, soll auch der österreichische Investor Schlaff in Weißrussland als "Türöffner" dabei sein. Hinter SB Telecom steht der syrische Staatsbürger Id Samauwi, der seit Jahren intensive Beziehungen mit Weißrussland unterhält.

Velcom verfügt laut J.P. Morgan über 43 Prozent Marktanteil und 2,9 Mio. Kunden. Marktführer MTS kommt auf über 3,6 Mio. Kunden und 52 Prozent Marktanteil.

Der Marktführer

Was ein Sprecher der Mutter des weißrussischen Marktführers MTS in Moskau auf Anfrage der APA erklärte, war eigentlich am Freitag bereits klar. Man sei nicht daran interessiert, die Anteile an MTS Weißrussland zu verkaufen, hieß es aus Moskau.

Einen Markt mit weniger als 50 Prozent Handy-Durchdringung wie den weißrussischen, auf dem man noch dazu das größte Unternehmen stellt, verlässt kein Mobilfunkunternehmen freiwillig.

Schon gar nicht, wenn man wie MTS dem an der Londoner Börse notierten Moskauer Unternehmen Sistema mehrheitlich gehört, das über Assets von etwa 20 Milliarden und einen Umsatz von 10 Milliarden Dollar pro Jahr verfügt. Von Weißrussland über Turkmenistan bis Usbekistan hat die Sistema die jeweiligen Mobilfunk-Marktführer aufgekauft.

Für 2. Oktober hat die Telekom Austria eine außerordentliche Aufsichtsratssitzung angesetzt.