"Vorhandenes Potenzial nicht genutzt"
Beim Internet Summit der Vereinigung der österreichischen Internet-Service-Provider [ISPA] wird die Trennung von Infrastruktur und Diensten bei marktbeherrschenden Telekoms diskutiert. In Großbritannien habe das dem Markt gutgetan, sagt Tom Kiedrowski von der britischen Regulierungsbehörde OFCOM.
"Österreich ist nicht in der Lage, das vorhandene Potenzial an Internet-Infrastruktur adäquat zu nützen", stellte ISPA-Präsident Roland Türke am Mittwoch zum Auftakt des jährlichen Internet Summit in der Wiener Hofburg fest.
Die digitale Kluft werde zudem immer größer, einer Breitbanddurchdringung in den Haushalten von 46 Prozent hierzulande stünden zum Beispiel 86 Prozent in den Niederlanden gegenüber. "Zu befürchten ist, dass wir noch weiter ins Hintertreffen geraten", so Türke weiter.
Rückfall bei Breitband-Internet
In etwas mehr als einem Viertel aller österreichischen Haushalte bestehe schlicht kein Interesse, die Menschen hätten einfach den konkreten Nutzen eines Breitbandzugangs für sich selbst noch nicht entdeckt.
Vor vier Jahren sei Österreich zum Beispiel noch deutlich vor Großbritannien gelegen, inzwischen sei man nicht nur überholt worden, sondern falle in puncto Breitband auch noch weiter zurück.
ISPA-Präsident Türke [Bild links] und der britische Telekomregulierer Kiedrowski diskutierten beim Internet Summit Austria 2007 in Wien Möglichkeiten, die Verbreitung von Breitband-Internet zu steigern.
"Functional Seperation" in Großbritannien
Tom Kiedrowski von der britischen Regulationsbehörde OFCOM hatte für den britischen Breitbandvormarsch schon eine Erklärung: In Großbritannien habe die im Jahr 2005 eingeleitete "Functional Separation" eben funktioniert.
Gemeint ist damit die Abspaltung von Netzwerk-Infrastruktur und Services, also die Zweiteilung der jeweils marktbeherrschenden Telekom.
In Großbritannien kauft die British Telecom für ihre Services mittlerweile zu denselben Bedingungen Leitungs- und Rechenkapazitäten ein wie ihre weit kleineren Mitbewerber.
Überall in Europa gab und gibt es hier erhebliche Widerstände seitens der alteingesessenen Telekoms, wobei diese laut Kiedrowski vorwiegend auf Missverständnissen beruhten.
Die Praxis in Großbritannien habe nämlich gezeigt, dass dieses Modell gut funktioniere, denn schon kurz nach der Einführung sei die Zahl der entbündelten Anschlüsse in Großbritannien explodiert, sagte Kiedrowski.
"Alle Beteiligten haben profitiert"
Sechs Monate nach Beginn der Implementation war man mit der "funktionellen Trennung" fertig, eine weiters halbes Jahr verging, bis die neuen Provider die ersten positive Ergebnisse zu vermelden hatten.
Letztlich hätten ausnahmslos alle Beteiligten von der Strukturtrennung in der British Telecom profitiert.
Die Kunden, weil durch den verstärkten Wettbewerb die Preise sanken, die neuen Provider und "allen Unkenrufen zum Trotz auch British Telecom". Ein Blick auf die gestiegenen Börsenkurse aller beteiligten Unternehmen genüge, um das festzustellen.
"Verlangsamter Fortschritt" in Österreich
Und in Österreich? Leider regiere mittlerweile "ein sehr verlangsamter Fortschritt" beklagte Türke, die Entbündelungen gingen stark zurück.
Eine Lösung wie in Großbritannien sei auch in Österreich mehr als nur angebracht, denn "Flaschenhals-Technologien", die jedermann brauche, müssten auch allen Marktteilnehmern zu gleichen Preisen zur Verfügung stehen.
"Bundes-Trojaner" wenig hilfreich
So sei in jedem Fall zu begrüßen, dass der österreichische Regulator diesbezüglich bereits Konsultationen eingeleitet habe, man warte nun halt auf Resultate.
Was eine Steigerung der Akzeptanz des Internets in jenen Haushalte betreffe, die jetzt noch in der Haltung des Verweigerns verharren, so seien die laufenden Wortmeldungen über "Bundes-Trojaner" und Internet-Sperren gar nicht hilfreich dabei, mehr Vertrauen in die Technik herzustellen.
Gemeint sind damit die von den Innenministern in Deutschland und in Österreich laufend angeheizte Debatte über sogenannte Online-Durchsuchungen vom Computern.
Der Vorschlag, zur Bekämpfung des Terrorismus gewisse Suchbegriffe wie eben "Terrorismus" zu sperren, stammt von EU-Kommissar Franco Frattini.
(futurezone | Erich Moechel)