EU vs. Microsoft: Die unendliche Geschichte

15.09.2007

Am Montag entschied das zweithöchste EU-Gericht, dass Microsoft im März 2004 von der EU-Kommission zu Recht zu einer Strafe von 497 Millionen Euro verurteilt wurde. Der Entscheidung ging ein jahrelanger Rechtsstreit voraus - Ein Rückblick.

Einer muss gewinnen

Im März 2004 sah es die Kommission als erwiesen an, dass Microsoft seine marktbeherrschende Stellung ausnützt und gegen den fairen Wettbewerb verstößt. Seitdem drohen sich beide Parteien gegenseitig mit Strafen und Gegenklagen. Ob das Urteil dem Streit ein Ende setzt, bleibt abzuwarten.

2004: Mehr Infos und kein Media Player

Die EU verlangte 2004, dass Microsoft sein Betriebssystem Windows ohne den Media Player vermarktet und der Konkurrenz auf dem Markt für Server-Software alle nötigen Informationen bereitstellen, damit diese ihre Programme mit Windows verbinden können.

Dem Verlangen nach einer Windows-Version ohne Media Player kam Microsoft nach und brachte Windows XP N auf den Markt - allerdings ohne echten Erfolg.

Knapp 1.000 Stück des Betriebssystems ohne Media Player wurden laut Thomas Lutz, Pressesprecher von Microsoft Österreich, in ganz Europa gekauft.

Mit ein Grund könnte die Tatsache sein, dass Microsoft die abgespeckte Variante zum gleichen Preis anbot wie die Vollversion, nachdem die EU-Kommission zum Verkaufspreis keine Auflagen gemacht hatte.

280 Millionen Euro neues Bußgeld

Bei der Interoperabilität seiner Server-Software allerdings war Microsoft nach Ansicht der Kommission nicht ganz so kooperativ.

Noch nie zuvor in der 50-jährigen Geschichte der Europäischen Union habe sich ein Unternehmen Wettbewerbsentscheidungen widersetzt, stellte die Kommission im Juli 2006 verwundert fest und verhängte weitere 280 Millionen Euro Bußgeld.

Zu insgesamt 780 Millionen Euro Strafe hatte die EU Microsoft nun verdonnert. Zugleich drohte die Kommission damals bei weiteren Verstößen mit einer Buße von bis zu drei Millionen Euro täglich.

Microsoft antwortet mit Gegenklage

Der Softwarekonzern wehrte sich seinerseits nach Kräften. Noch im Juni 2004 brachte Microsoft vor dem EU-Gericht erster Instanz in Luxemburg Klage gegen das Urteil vom März ein und beantragte eine Aussetzung der Auflagen bis zu einem Urteil. Im Dezember lehnte das Gericht die Aussetzung ab.

2005: Gutachter für Auflagen

Im Oktober 2005 setzte die EU-Kommission Neil Barrett als unabhängigen Gutachter ein, um die Erfüllung der Auflagen zu beurteilen.

Im November desselben Jahres setzte die Kommission Microsoft eine Frist bis zum 15. Dezember, um die verhängten Auflagen umzusetzen. Anderfalls drohe eine tägliche Strafe von zwei Millionen Euro.

Die Kommission warf Microsoft zu diesem Zeitpunkt vor, für seine Server-Schnittstellen zu hohe Preise zu verlangen, zudem seien die bereitgestellten Informationen unzureichend.

Microsoft legt am Stichtag seine Preise vor, die Kommission sieht die Dokumentation zu den Schnittstellen allerdings weiterhin als unzureichend an.

Streit über Server-Schnittstellen

Im März 2006 erklärte die Kommisson, dass sie Microsofts Antwort auf die Beschwerden zur Dokumentation für unzureichend halte.

Zudem meldete sie öffentlich Bedenken zu Microsofts neuem Betriebssystem Vista an. Sollte es in diesem Fall auch zu einem formalen Verfahren kommen, wäre das ein neuer Fall, der getrennt behandelt würde.

Im April gab es vor dem EU-Gericht in Luxemburg eine öffentliche Anhörung über die im Juni 2004 von Microsoft eingereichte Klage.

Am 12. Juli verhängte die EU-Kommission die neue Strafe von 280 Millionen Euro. Microsoft kündigte seinerseits eine neue Klage an.

2007: Neue Strafdrohungen

Im März 2007 kritisiert die Kommission die von Microsoft festgesetzten Preise für die Schnittstellen erneut. Die EU droht Microsoft mit einem neuen Zwangsgeld in ungenannter Höhe, maximal aber im bereits festgesetzten Rahmen von drei Millionen Euro pro Tag.

Im April kündigt die EU-Kommission an, dass sie eine neue Art von Kartellstrafe gegen Microsoft erwägt, falls sich der Konzern weiterhin nicht an EU-Auflagen hält.

1998: Als alles begann

Begonnen hatte alles mit einer Beschwerde von Sun Microsystems über die Geschäftspraktiken von Microsoft im Jahre 1998. Im August 2000 leitete die EU-Kommission ein Missbrauchsverfahren gegen Microsoft ein, das später noch erweitert wurde.

Im Mai 2007 gab die EU bekannt, mit der Veröffentlichung von Richtlinien gegen den Missbrauch marktbeherrschender Stellung durch Unternehmen bis zum Microsoft-Urteil abzuwarten.

(futurezone | Reuters)