Games Convention: Umzug wäre das Ende
Die Diskussion über die Verlagerung der Games Convention weg aus Leipzig geht weiter. Erstaunlich, denn weder Aussteller noch Veranstalter sehen dafür einen Grund - nur die buhlenden Städte monieren Mankos. Ein Umzug würde allerdings das Ende der jetzigen Games Convention bedeuten.
Zwar erreichte die diesjährige Games Convention in Leipzig nicht das selbst gesteckte Ziel von 200.000 Besuchern, doch sowohl die Leipziger Messe als auch der deutsche Bundesverband Interaktive Unterhaltungssoftware [BIU] zeigten sich mit den 185.000 Besuchern Ende August zufrieden.
Mehr als die 185.000 Besucher seien auch nicht drin, meinen jene Städte, die selbst gerne Veranstalter der größten europäischen Spielemesse wären, allen voran Frankfurt und München.
Kritik an Flügen und Hotels
Laut der aktuellen Ausgabe von "Euro am Sonntag" verhindert die Lage Leipzigs eine Ausweitung der Besucherzahlen, zudem würden die mangelhafte internationale Fluganbindung Leipzigs sowie die begrenzten Hotelkapazitäten kritisiert - das sage die Branche.
Zugegeben, zentral liegt das Messegelände in Leipzig nicht gerade, auch die Fluganbindung ist sicher ausbaufähig, und die Hotels in Leipzig waren bereits Wochen vor der Spielemesse komplett ausgebucht. Wer heuer zu spät kam, musste mitunter bis nach Halle ausweichen, um ein Bett zu bekommen.
Doch ist das alles schon Grund genug, eine gut funktionierende Messe einfach so zu dislozieren?
Dass sich ausgerechnet München um die Spielemesse bewirbt, erscheint angesichts der "Killerspiel"-Debatte, die vor allem aus der bayrischen Landeshauptstadt aktiv geführt wurde, besonders pikant.
Aussteller mit Leipzig zufrieden
Nein, meinen Branchengrößen wie Sony und Microsoft unter Verweis auf die Kostenvorteile von Leipzig und das Engagement der Messegesellschaft gegenüber "Euro am Sonntag".
Auch BIU-Geschäftsführer Olaf Wolters zeigte sich im Gespräch mit ORF.at im Rahmen der Messe Ende August mit Leipzig sehr zufrieden: "Die Diskussion wird von anderen geführt, ich sehe keinen Grund, die Stadt zu wechseln."
Bei einer Umfrage unter den Fachbesuchern der Games Convention gaben die Befragten gegenüber ORF.at ebenfalls an, mit Leipzig zufrieden zu sein.
Wozu also die Diskussion?
2008 läuft der Vertrag zwischen dem BIU und der Messe Leipzig aus, und wie bei so manchem erfolgreichen Unternehmen stehen auch hier die Interessenten Schlange, um ein Stück vom Kuchen zu erhaschen.
Selbst wenn sich der BIU im Frühjahr für eine andere Stadt als Leipzig entscheiden sollte - was angesichts der Finanzkraft der buhlenden Städte durchaus im Bereich des Möglichen ist -, wird es eine Games Convention außerhalb Leipzigs nicht geben können. Der Name gehört dem Veranstalter, der Leipziger Messe, und der Stadt Leipzig.
Verlust der Marke droht
Der BIU würde bei einer Verlagerung riskieren, eine bereits eingeführte und funktionierende Marke aufzugeben, und wäre wieder im Jahr 2002 angelangt, als in Leipzig die erste Games Convention ausgerichtet wurde - mit damals noch rund 80.000 Besuchern.
Die von Thomas Zeitner, Deutschland-Chef von Electronic Arts, gegenüber der "Financial Times Deutschland" Ende August gewünschten 400.000 Besucher "Zielrichtung" wären auf diesem Weg wohl nicht so schnell zu erreichen.
Neue Stadt gleich neue Messe
Und auch nach Frankfurt oder München müssten viele Besucher je nach Ausgangslage stundenlange Autofahrten, die Zeitner bei Leipzig kritisierte, in Kauf nehmen.
Aussteller und Fachbesucher müssten sich gleichfalls neu orientieren, was die ohnedies schon anstrengenden Ausstellungstage noch mühsamer gestalten würde. Was 2007 quasi blind zu finden war, müsste an einem anderen Ort frisch gesucht werden.
Für Leipzig selbst ist die Games Convention der größte Geldbringer - würde sie abgezogen, blieben noch weniger Geld und Motivation für weitere Investitionen in den Osten Deutschlands, was für die Bewohner und die umliegenden Gemeinden eine Katastrophe wäre.
Diskussion seit 2005
Die Umzugsdiskussion ist übrigens nicht neu: Bereits 2005 wurde über einen Umzug der Games Convention nach Köln oder Berlin spekuliert.
Zu dem Zeitpunkt erklärte Xbox-Marketingmanager Martin Bachmayer, mittlerweile Head of Sales der gesamten Home & Entertainment Division bei Microsoft: "Die Messe in Leipzig hatte uns damals vor drei Jahren, als uns noch niemand haben wollte, eine Chance gegeben und uns mit offenen Armen aufgenommen."
Negativbeispiele London und E3
Begehrlichkeiten rief einst auch die European Computer Trade Show [ECTS] hervor, die von 1989 bis 2004 in London abgehalten wurde.
2003 erklärte der englische Publisher-Verband ELSPA [Entertainment and Leisure Software Publishers Association], zeitgleich eine eigene Spielemesse namens EGN [European Games Network] abhalten zu wollen.
Aus dem anschließenden öffentlichen Streit, der auch über die Medien ausgetragen wurde, ging jedoch weder die eine noch die andere Messe als Sieger hervor: Die ECTS fand 2004 zum letzten Mal statt, die Nachfolgeveranstaltungen verschwanden in der Bedeutungslosigkeit.
Wie man es nicht machen sollte, zeigte auch die diesjährige E3: Nachdem 2006 über zu hohe Messekosten geklagt wurde, wurde die E3 2007 völlig neu ausgerichtet und damit vom Branchenevent zur Lokalveranstaltung deklassiert.
(futurezone | Nadja Igler)