Microsoft beugt sich EU-Urteil

17.09.2007

Microsofts Chefanwalt Brad Smith will alles tun, um dem Verlangen der EU nach mehr Interoperabilität seiner Software nachzukommen. Das erklärte Smith in einer kurzen Stellungnahme. Ob Microsoft gegen das Urteil Berufung einlegen wird, ließ er offen.

Die Zeit seit der Verkündung des Urteils am Vormittag sei zu kurz gewesen, um wirklich alle seine Aspekte ausreichend beurteilen zu können, sagte Smith bei seiner Pressekonferenz am Montagnachmittag.

Daher wolle und werde er sich vorerst nicht dazu äußern, ob Microsoft gegen das Urteil Berufung einlegen werde, sagte Smith. Dazu sei noch genügend Zeit [zwei Monate, allerdings nur in Formalfragen möglich, Anm.].

Media Player kein Thema mehr

Zum Urteil selbst meinte Smith, Microsoft werde alles in seiner Macht Stehende tun, um jeden Aspekt des Urteils zu befolgen.

Punkt eins, die Loslösung des Media Player vom Betriebssystem Windows, sei bereits erledigt. Seit zwei Jahren gebe es Windows XP N und mittlerweile auch ein Windows Vista ohne Media Player, beide wolle Microsoft in Europa weiterhin anbieten, sagte der Microsoft-Anwalt.

Das EU-Gericht erster Instanz wies am Montag eine Beschwerde des US-Software-Konzerns Microsoft gegen ein von der EU-Kommission verhängtes Bußgeld in der Höhe von 497 Millionen Euro in allen wesentlichen Punkten zurück.

Preissenkung für Server-Schnittstellen?

Auch im zweiten inkriminierten Punkt, der ausreichenden Offenlegung der Server-Schnittstellen, wolle Microsoft so schnell wie möglich die Auflagen der EU erfüllen, so Smith. Die offenen Punkte sollten demnach so schnell wie möglich geklärt werden.

Einer davon sei der passende Preis, den Microsoft für die Offenlegung von der Konkurrenz verlangen könne, so Smith. Hier gebe es noch Diskussionsbedarf mit der Kommission.

Wenn notwendig, werde Microsoft den Preis noch weiter senken, allerdings sage das Urteil nicht, dass die Schnittstellen kostenlos offengelegt werden müssten, sagte der Microsoft-Anwalt. Man wolle sorgsam zuhören, was die Kommission brauche und wolle, so Smith.

Zu Beginn seiner Stellungnahme bedankte sich Smith erneut beim EU-Gericht erster Instanz, dass es sich für sein Urteil ausreichend Zeit genommen und alle Argumente angehört habe.

Microsoft will Neustart

Smith war in seiner öffentlichen Erklärung sehr vorsichtig, er wollte sich auf Anfrage etwa nicht zu den Äußerungen der Wettbewerbskommissarin Neelie Kroes äußern, die das Urteil als Sieg für die Kommission bezeichnet hatte und den Wunsch ausdrückte, dass Microsofts Marktanteil fallen sollte.

Er unterstrich dafür, dass dieses Urteil ein Neubeginn der Beziehung zwischen der EU und Microsoft sein könnte, nachdem in dem Streit nun Klarheit geschaffen sei. Microsoft wolle nicht weiter streiten, sondern nach vorne schauen, sagte Smith. Über das Urteil zeigte sich Smith naturgemäß wenig erfreut.

Verweise auf Apple und Google

Erneut wies Smith darauf hin, dass auch andere Firmen eine dominierende Marktmacht in Europa hätten, und nannte als Beispiele Apple, IBM und Google.

Apple habe mit iTunes und seinem iPod über 70 Prozent Marktanteil, das zeige, dass die Integration des Media Player in Windows den Markt nicht aufgehalten habe, so Smith.

Auswirkung auf ganze Branche?

Die IT-Industrie tendiere dazu, von Firmen mit großen Marktanteilen dominiert zu werden. Manchmal hielten sich diese Marktanteile und manchmal nicht.

Die nunmehrige Entscheidung des EU-Gerichts gebe der Kommission nun viel Macht, mit Auswirkungen auf die ganze Industrie, so Smith, ohne Details zu nennen.

Er betonte auch nochmals, dass sich seit dem Beginn des Streits 1998 die gesamte Industrie bewegt habe und Microsoft mittlerweile sowohl mit Sun als auch Novell Geschäftskontakte unterhält.