EU-Kommission knöpft sich Apple vor

19.09.2007

Die EU-Kommission nimmt ab Mittwoch die Preisgestaltung und regionale Beschränkungen des Apple iTunes Store unter die Lupe. Im Vorfeld der ersten Anhörungen schieben einander Apple und die großen Musikkonzerne gegenseitig den Schwarzen Peter zu.

Am Mittwoch werden die Musikkonzerne Universal Music und Sony BMG und Vertreter von Apple bei einer Anhörung vor der EU-Kommission ihre Standpunkte zur Preisgestaltung im Apple iTunes Store darlegen. Die Anhörung findet unter Ausschluss der Öffentlichkeit statt.

Wahlfreiheit eingeschränkt

Die EU-Wettbewerbsbehörde wirft Apple und den vier großen Musikkonzernen [Universal Music, EMI, Sony BMG und Warner Music] vor, die Wahlfreiheit beim Kauf von Online-Musik innerhalb Europas einzuschränken.

So könnten etwa Kunden des iTunes Store Musik nur in den jeweiligen Ländervarianten des iTunes Store erwerben.

ITunes überprüft den Wohnort eines Kunden unter anderem anhand von dessen Kreditkartendaten. Dadurch seien die Nutzer in ihrer Wahl des Ortes eingeschränkt, an dem sie ihre Musik kaufen wollten, hieß es aus der EU-Kommission. Das verstoße gegen europäisches Wettbewerbsrecht.

Britische iTunes-Kunden zahlen mehr

Darüber hinaus müssten britische Kunden des iTunes Store mehr für einen Download bezahlen als Kunden in der Euro-Zone.

Während ein Song in Großbritannien im iTunes Store in der Regel 79 Pence kostet, müssen Kunden in anderen EU-Ländern für einen Track lediglich 99 Cent [67 Pence] überweisen.

Warner Music und EMI bleiben fern

Warner Music und EMI haben bereits angekündigt, zum Hearing nicht zu erscheinen. Sie seien für die Preisgestaltung im iTunes Store nicht verantwortlich, ließen Sprecher der Labels laut der britischen Tageszeitung "The Times" die EU-Kommission wissen.

Apple sieht keinen Wettbewerbsverstoß

Apple hatte in einer Stellungnahme im Juni darauf verwiesen, ursprünglich einen "paneuropäisches" Musikshop geplant zu haben.

Musikkonzerne und Verleger hätten aber darauf hingewiesen, dass bestimmte rechtliche Beschränkungen hinsichtlich der Urheberrechte berücksichtigt werden müssten.

Labels: "Kein Einfluss auf Preisgestaltung"

Die mit Apple geschlossenen Verträge würden keinerlei Passus beinhalten, der es dem Download-Shop-Betreiber verbiete, auch in Großbritannien die niedrigeren Euro-Preise zu verlangen, meinten hingegen Vertreter der Labels.

Die Musikkonzerne würden lediglich einen prozentuellen Anteil am Verkaufspreis der Tracks erhalten und auf die Preisgestaltung keinerlei Einfluss haben, sagte ein Sprecher eines Labels, das namentlich nicht genannt werden wollte, der "Times".

Frage nach marktbeherrschender Stellung

Die EU-Kommission untersucht unter anderem die Frage, ob Apple eine marktbeherrschende Stellung im europäischen Musikvertrieb zukomme und regulatorische Eingriffe in die iTunes-Geschäftspraxis gerechtfertigt seien.

Der iTunes Store hält in Europa zwar 80 Prozent Marktanteil im Online-Musikverkauf, rechnet man jedoch den Tonträgerhandel hinzu, lässt sich eine Dominanz nicht mehr behaupten.

In den USA hat der iTunes Store einer Studie des Marktforschungsunternehmens NPD Group zufolge vor kurzem den Online-Einzelhändler Amazon beim Musikabsatz überholt und den Sprung in die Top Drei der Musikverkäufer geschafft.

Nach Microsoft nun Apple?

Brisanz gewinnt die Untersuchung der EU-Kommission auch vor dem Hintergrund des Montag ergangenen Urteils des EU-Gerichts erster Instanz im Wettbewerbsstreit der EU-Kommission gegen den Software-Konzern Microsoft.

Das EU-Gericht bestätigte ein von der Kommission verhängtes Bußgeld in der Höhe von 497 Millionen Euro gegen den Konzern wegen Wettbewerbsbeschränkungen. Microsoft-Chefanwalt Brad Smith verwies im Anschluss an das Urteil darauf, dass neben Microsoft auch andere Firmen eine dominierende Marktmacht in Europa hätten, darunter eben auch Apple auf dem Online-Musikmarkt.

Nach Microsoft könnte nun Apple die volle Härte der durch den Gerichtsentscheid gestärkten EU-Wettbewerbsbehörde zu spüren bekommen, vermuteten Beobachter. Im Falle einer Verurteilung droht Apple eine Strafzahlung von zehn Prozent seiner Jahresumsätze. Die Summe könnte sich auf bis zu 600 Millionen Euro belaufen.