Deutsche Anwälte gegen Vorratsdaten

unrecht
19.09.2007

Der Deutsche Anwaltsverein hat die geplante Vorratsdatenspeicherung sowohl für Deutschland als auch auf EU-Ebene als rechtswidrig kritisiert.

"Wir halten von einer Speicherung von Daten auf Vorrat nichts", sagte Heide Sandkuhl, Mitglied im Strafrechtsausschuss des Anwaltsvereins, am Mittwoch in Berlin.

Der Gesetzesentwurf der deutschen Regierung, zu dem der Bundestagsrechtsausschuss am Mittwoch und Freitag Sachverständige hört, verstoße sowohl gegen europäisches als auch gegen nationales Recht.

Verstoß gegen EU-Recht

Nach Ansicht des Anwaltsvereins hätte die EU-Richtlinie nur einstimmig beschlossen werden können und sei deshalb nichtig. Irland und die Slowakei klagen bereits vor dem Europäischen Gerichtshof.

Auch verstoße die Richtlinie gegen deutsches Recht, da das Bundesverfassungsgericht eine Speicherung nur für einen bestimmten Zweck zulasse. Hier gehe es aber um eine "verdachtlose Maßnahme", sagte Sandkuhl.

Das deutsche Kabinett hatte im April einen von Justizministerin Brigitte Zypries [SPD] vorgelegten Gesetzesentwurf beschlossen, der die EU-Richtlinie umsetzt. Das sollte eigentlich bis zum 15. September geschehen sein. Wie auch in Österreich verzögert sich in Deutschland die Umsetzung.

Kritik an neuer Telefonüberwachung

Kritik übten die Anwälte auch an der zusammen mit der Vorratsdatenspeicherung auf den Weg gebrachten Neufassung der Telefonüberwachung in Deutschland.

Der Straftatenkatalog gehe viel zu weit und müsse nach den Kriterien "Erforderlichkeit, Geeignetheit und Verhältnismäßigkeit" überprüft werden, forderte der Strafrechtsprofessor Rainer Hamm. Auch müssten alle Berufsgeheimnisträger gleich behandelt werden.

Die jetzt vorgesehene Differenzierung zwischen verschiedenen Berufsgruppen führe unweigerlich zu Wertungswidersprüchen beim Zeugnisverweigerungsrecht und bei strafbewehrten Schweigepflichten.

Der Deutsche Verband der Internet-Wirtschaft hat errechnet, dass die Speicherung mindestens 240 Millionen Euro kostet, und verlangt eine Entschädigung. In Österreich konnten bisher keine ernsthaften Schätzungen abgegeben werden.

(dpa)