"Computerspiel-Verbote sind das Letzte"
Bei der Wiener "Game City" hat sich Wissenschaftsminister Johannes Hahn [ÖVP] am Freitag gegen die reflexartige "Verteufelung" von Computerspielen ausgesprochen. Auch die Wiener Vizebürgermeisterin Grete Laska [SPÖ] erteilt Verboten von "Killerspielen" eine Absage.
Hahn betonte bei der Eröffnung der "Game City" im Wiener Rathaus: "Verbote sind das Letzte, was wir brauchen können. Wir brauchen Bewusstsein, Verständnis, Auseinandersetzung." Man dürfe nicht das "Kind mit dem Bade ausschütten".
Bei Computerspielen würden hauptsächlich der Konnex zwischen Brutlität der Spiele und Gewaltbereitschaft der Spieler sowie die Spielsucht thematisiert, kritisierte der Spielforscher Christoph Klimmt von der Hochschule für Musik und Theater Hannover zum Auftakt des Symposiums, das die Präsentation von Computerspielen im Rahmen der "Game City" begleitet.
Die "Game City" im Wiener Rathaus will noch bis Sonntag eine weniger oberflächliche Diskussion über Computerspiele bieten. Neben der Vorführung von Computerspielen werden auch ein Gamer-Wettbewerb sowie Informationen für Eltern und Pädagogen geboten.
~ Link: Wiener Rathaus wird zur "Game City" (../http://www.fuzo-archiv.at/?id=222084v2) ~
"Einseitige Behandlung"
Immer mehr junge Männer, aber auch Mädchen und ältere Semester spielen Computergames. In der öffentlichen Debatte werden diese Spiele jedoch eher eindimensional behandelt.
Nach Amokläufen an den Schulen beispielsweise werden reflexartig rasch Rufe nach Verboten von besonders gewalttätigen Spielen laut. Diese "Verbotsdiskussion spiegelt mitnichten wider, was Stand der Forschung ist", so Klimmt.
Die ÖVP Wien sorgte im vergangenen Jahr mit einem Antrag "betreffend Verschärfung der Bestimmungen für den Verkauf und Vertrieb von gewaltverherrlichenden Medien" im Wiener Landtag für Diskussionen.
Sie forderte, ein landeseigenes Gremium für die Bewertung aller in Österreich erhältlichen Videospiele einzusetzen. Spiele, die kein offizielles Prüfsiegel dieses Gremiums aufweisen können, sollten nicht mehr verkauft werden dürfen.
Verbotsdebatte hat lange Tradition
Denn "Anschluss-Gewaltszenen" waren auch nach Brettspielen wie "Mensch ärgere dich nicht" durchaus üblich, schilderte Peter Purgathofer von der TU Wien aus seiner persönlichen Kindheitserinnerung.
Die Selbstmordwelle im Anschluss an Goethes "Die Leiden des jungen Werther" rief eine Verbotsdiskussion über Unterhaltungsliteratur hervor, und selbst der Walzer wurde als unsittlich verteufelt, lieferte Purgathofer Beispiele für vergangene "Medienängste".
"Falscher Umgang mit dem Thema"
"Nur weil gewalttätige Kinder mehr Gewaltspiele spielen, heißt das nicht, dass die Spiele diese aggressiver gemacht haben." Vielmehr könnte es auch umgekehrt sein: "Instabilere Kinder könnten sich zu gewalttätigen Spielen mehr hingezogen fühlen."
Die Medien "gehen mit dem Thema vollkommen falsch um". Spiele erzeugten keine Gewalt, aber "unsere Gesellschaft hat ein Problem mit Gewalt". Games seien jedoch ein "sehr gutes Outlet" für Aggression.
"Ernsthafte" Auseinandersetzung
Auch die Wiener Vizebürgermeisterin Laska hält Verbote für "nicht die richtige Antwort": "Wenn man keine Lösung hat, verbietet man Dinge einfach." Dahingegen müsse man sich mit den Themen "ernsthaft auseinandersetzen".
Märchen wie "Rotkäppchen" beispielsweise seien durchaus "zu vergleichen mit der Brutalität, mit der manche Computerspiele agieren" - verbieten will diese Märchen jedoch niemand.
In der EU wird es vorerst kein einheitliches Verbot von gewaltverherrlichenden Videospielen und Videos geben. Diese Entscheidung bleibt den EU-Staaten überlassen. Das Thema ist aber noch nicht vom Tisch: Es soll eine "schwarze Liste" geben.
"Gutes empfehlen"
Mitveranstaltet wurde die "Game City" von der im Familienministerium angesiedelten Bundesstelle für Positivprädikatisierung von Computer- und Konsolenspielen [BUPP].
Diese hat es sich zur Aufgabe gemacht, "Perspektiven auf Computerspiele zu bieten, die im alltäglichen Diskurs noch nicht üblich sind", schilderte Herbert Rosenstingl von der BUPP. Man wolle "Gutes empfehlen statt Schlechtes verbieten".
(futurezone | APA)