"Apple versteht den Mobilfunkmarkt nicht"
Boris Nemsic, Chef des heimischen Mobilfunkers mobilkom austria, freut sich zwar über jeden iPhone-User, der im A1-Netz telefoniert. Er sei aber froh, nicht Teil des Hypes um das Apple-Handy zu sein, sagt er im Gespräch mit ORF.at.
Seit letzter Woche steht fest, dass Apples iPhone ohne UMTS für schnelles Surfen im November nach Europa kommen wird. Bei der Präsentation des Geräts in Großbritannien begründete Steve Jobs das Fehlen dieses wichtigen Features damit, dass UMTS-Chips zu viel Strom fressen würden.
"Bei Telefonen müssen sie noch lernen"
"Das stimmt nicht, es gibt andere, die das perfekt machen", sagte Nemsic gegenüber ORF.at und verwies auf Nokias aktuelles Flaggschiff N95. "Das hat ihm wer falsch gesagt."
Apple sei eine brillante Marketingmaschine, die Usability sei auch brillant, "nur bei den Telefonen müssen sie noch lernen".
Apples iPhone wird in Großbritannien exklusiv von O2, in Deutschland von T-Mobile und Frankreich von Orange vertrieben. Laut T-Mobile gibt es bisher keine Pläne für Österreich, auch von Orange [One] war zu dem Thema noch nichts zu hören.
"Liebes Spielzeug für Techies"
Für Nemsic ist das iPhone ein "irrsinnig liebes Spielzeug für Techies", wie er selbst einer sei. Er habe es als iPod genutzt, und die Usability des Geräts sei "großartig". Objektiv habe das Gerät aber noch viel Verbesserungspotenzial. "Als Telefon? Forget it, das ist kein Telefon, das kann zufällig telefonieren."
Sein Hauptkritikpunkt ist die fehlende UTMS-Fähigkeit: "Die Grundidee des iPhone sollte sein, ich bin schnell und unkompliziert im Netz und man kann vieles machen. Wunderbar, aber ohne UMTS ist die Idee ad absurdum geführt." Er warte aber mit großer Freude auf die zweite Generation.
Jobs verstehe den europäischen Mobilfunkmarkt nicht, der deutlich weiter entwickelt sei als Apples Heimatmarkt in den USA, so Nemsic weiter.
Brillante Marketingmaschine
Zur Strategie von Jobs, das iPhone nur mit Exklusivpartnern zu vermarkten, meinte Nemsic, er bewundere, was Jobs für die IT-Industrie gemacht habe, man dürfe aber ein Telefon nicht mit der Gesamtstrategie vermischen.
"Man darf nicht Weltpolizei spielen"
Apples Idee, mit seinem iPhone die Nutzer in die Netze bestimmter Provider zu locken, kommentiert Nemsic daher eher trocken: "Sie werden selber entscheiden, ob das fair ist oder nicht, ich will das nicht beurteilen."
Man könne zudem in Europa ein Telefon nicht derart sperren, dass es nicht auch für andere Provider nutzbar gemacht werden könne, so Nemsic weiter. Das sei auch nicht der Weg zum Erfolg: "Man muss die Kirche im Dorf lassen: Um Exklusivitätsgeld zu kriegen, darf man nicht die Weltpolizei spielen."
Sollte jemand ein iPhone cracken, um damit im A1-Netz zu telefonieren, würde er sich freuen, meint der mobilkom-Chef. Nach vermeintlich gecrackten iPhones werde die mobilkom aber nicht suchen: "Dafür haben wir kein Equipment."
Schnee ist Nemsic wichtiger
Auf die Frage, ob er traurig sei, das iPhone nicht anbieten zu können, antwortete Nemsic: "Ich sage nicht, dass wir es nicht anbieten können, die Frage ist nur wann und wie." Er sei aber froh, nicht Teil des aktuellen Hypes zu sein, denn "hier reden zwei aneinander vorbei".
Das Echo auf das iPhone kommentiert Nemsic gelassen: "Unsere Branche will Jubelmeldungen, und es ist sicher ein willkommener Anlass. Ob es am Ende beim Jubel bleibt, werden wir sehen." Bisher hätten sich die Apple-Aktien nicht in die richtige, sprich positive, Richtung bewegt, so Nemsic.
Ob das iPhone heuer noch nach Österreich kommen wird? "Ich muss Ihnen sagen, mir ist viel wichtiger, dass es Schnee gibt - zum Skifahren."
Zu den Verhandlungen über den geplanten Einstieg der mobilkom in Weißrussland wollte sich Nemsic nicht äußern: "Wir haben nicht einmal den Aufsichtsrat am 2. Oktober bestätigt."
(futurezone | Nadja Igler)