Die Furcht vor Google

29.09.2007

Vor einem Hearing im US-Senat zur geplanten Übernahme des führenden Werbeanbieters DoubleClick durch Google wollte von Yahoo und den anderen Konkurrenten bis hin zur Werbebranche niemand auftreten. Nur Microsofts Generalanwalt fand deutliche Worte.

Innerhalb von wenigen Monaten sind so gut wie alle führenden Unternehmen im Bereich Internet-Werbung von vielfach größeren Firmen übernommen worden.

Mitte August war die erst im Mai von Microsofts Chef Steve Ballmer angekündigte Übernahme von aQuantive abgeschlossen.

Die US-Handelskommission hatte dem sechs Milliarden US-Dollar [4,4 Mrd. Euro] schweren Kauf ohne viel Federlesens zugestimmt.

Die nächste Online-Werbefirma

Bezahlt wurde in bar, und das für eine Firma, die mit ihren drei Marketing- und Werbetöchtern Avenue A/Razorfish, Atlas und DRIVEpm zwar eine hohe Umsatzrendite [um die 20 Prozent] erzielt, aber eben doch unter 500 Umsatzmillionen erlöst.

Beinahe zur gleichen Zeit schnappte die Werbeagentur WPP den Anbieter 24/7 Real Media - Jahresumsatz etwa 200 Millionen Dollar - Microsoft vor der Nase weg.

Eine weitere Übernahme

Ende Juli blätterte AOL, eine Tochter des Time-Warner-Konzerns, kolportierte 275 Millionen Dollar für den Spezialanbieter Tacoda hin, der auf den Benutzer genau zugeschnittene Werbung anbietet. Es ist ein Nischenmarkt mit sehr guten Wachstumschancen, in dem besonders weitgehende Benutzerprofile angelegt werden.

Und noch eine

Davor legte sich Yahoo den Werbevermarkter Akquise für 680 Millionen Dollar zu. All diese Übernahmen wurden anstandslos genehmigt, nur bei der Größten spießt es sich.

Mit der Übernahme von DoubleClick durch Google kauft nämlich nicht etwa eine Suchmaschine einen Vermarkter.

Sondern eine Firma, die mehr als 70 Prozent Anteil am Weltmarkt mit Suchebezogenen Inseraten hält, verleibt sich den weltgrößten Anbieter von Bannerwerbung ein. Diese beiden Formate bezahlter Internet-Anzeigen zusammen machen praktisch den gesamten Internet-Werbemarkt aus.

Der Auftritt Microsofts

Deshalb ist der 3,1 Milliarden Dollar schwere Google-Deal mit DoubleClick, der bereits im April 2007 eingefädelt wurde, vor einem Ausschuss des US-Senats gelandet. Dort fuhr ausschließlich Microsofts Generalanwalt schwere Geschütze gegen den Rivalen auf.

Davor hatte der Google-Anwalt die Übernahme als reines Komplementärgeschäft hingestellt und dabei folgenden Vergleich bemüht: DoubleClick sei für Google so etwas wie die Spedition FedEx für die Online-Händler von Amazon.

"... auch noch die Post"

Laut Wall Street Journal vom Freitag sagte Microsofts Brad Smith darauf "Google ist bereits Amazon und FedEx zusammen und jetzt wollen sie auch noch die Post kaufen."

Vom aktuellen Wert der beiden von Smith genannten Unternehmen ist das noch weit untertrieben, denn Amazon und FedEx haben zusammen eine Marktkapitalisation von etwas über 70 Milliarden US-Dollar aufzuweisen, Google hielt bei 176,84 Mrd., Stand Freitag 21.45 Uhr, kurz vor US-Börsenschluss.

Kein Senator war dagegen

Von den anwesenden Senatoren aus beiden Lagern äußerte zwar jeweils einer relativ vorsichtige Datenschutzbedenken, offen gegen die Übernahme sprach sich keiner aus.

Von einem - von wem auch immer gestellten -Akademiker kamen so gut wie keine Widerstände, mehr als das Statement, die Übernahme sei eine "Wasserscheide für die Online-Werbung", rang er sich nicht ab.

Leider Terminkollision

Googles Erzrivale im Suchgeschäft, Yahoo, drückte sich so vor dem Senatsauftritt: Der Generalanwalt hätte leider für diesen Tag woanders einen wichtigen Termin, hieß es.

Außer Yahoo konnten auch auch andere Internet-Unternehmen, die per se eigentlich hohes Interesse an dem Deal haben müssten, an diesem Tag gerade nicht dabei sein.

Die Konkurrenzfirmen, die Radio, Print und TV bedienen, traten ebensowenig auf wie AT&T und Time Warner, die den Deal im Vorfeld kritisiert hatten.

Die Furcht der Werbebranche

Er habe gehört, dass sich die Werbebranche dafür fürchte, gegen Google aufzutreten, sagte Jeff Chester von der US-Bürgerrechtsorganisation Center for Digital Democracy, die wie das Electronic Privacy Center strikt gegen die Übernahme ist.

Es droht hier nämlich noch etwas ganz anderes als eine überragende Vormachtstellung im weltweiten Online-Werbemarkt.

Globale Internet-Benutzerdatenbank

Beide führenden Anzeigenanbieter sammeln systematisch alle Daten von Internet-Benutzern, derer sie habhaft werden können und legen detaillierte Profile über die Benutzer an.

Mit der Zusammenlegung dieser Datenbanken entsteht die weltweit größte Datenbank, die umfassend personenbezogene Eigenschaften, Gewohnheiten, Kommunikationsverhalten von einem Großteil der Internet-Benutzer dieser Welt enthält.

In wievielen Fällen diese Persönlichkeitsprofile bereits mit Namen und Adressen verknüpft sind, wissen nur die Verantwortlichen von Google und von DoubleClick.

(futurezone | Erich Moechel)