Berger warnt vor Frattinis Kontrollplänen

01.10.2007

Auf der Tagung der EU-Innenminister in Lissabon hat die österreichische Justizministerin Maria Berger [SPÖ] im Zusammenhang mit Justizkommissar Franco Frattinis Plänen zur Internet-Zensur vor "Konfliktfällen" mit dem Grundrecht auf Meinungsfreiheit gewarnt.

In der EU ist ein Streit über das Sperren von Websites entbrannt, die für terroristische Ziele eingesetzt werden. Einige EU-Staaten kritisierten am Montag bei einem Treffen der Innenminister in Lissabon entsprechende Pläne Frattinis.

Der italienische Kommissar will Websites abschalten lassen, die Anleitungen zum Bombenbau oder Propaganda für Terrororganisationen wie El Kaida enthalten. Im Detail will er seine Pläne am 6. November vorstellen. Luxemburg und Österreich warnten vor einem Konflikt mit der Medien- und Meinungsfreiheit.

Berger hat als EU-Abgeordnete allerdings für die Einführung der Vorratsspeicherung [Data-Retention] sämtlicher Telefon-, Mobilfunk- und Internet-Verbindungsdaten gestimmt.

Die Grenzen der EU im Internet

Frattini will gefährliche Websites dann sperren lassen, wenn eine "konkrete Gefahr" für Terroranschläge besteht. Der luxemburgische Justizminister Luc Frieden kritisierte diesen Vorstoß. Er entspreche "nicht unseren Auffassungen von Freiheit und Kommunikation, die wir ja sonst so gerne in der Welt verteidigen", sagte er. "Viel wichtiger ist, dass wir herausfinden, wie die Terroristen via Internet miteinander kommunizieren, und rechtzeitig auch die Inhalte dieser Kommunikation erfassen."

Berger warnte vor gefährlichen "Konfliktfällen" mit dem Grundrecht auf Meinungsfreiheit. Es könne zwar sinnvoll sein, im Einzelfall auf nationaler Ebene bestimmte Inhalte strafrechtlich zu belangen. Wenn Terroristen über "exotische Websites" wie etwa von Servern in Pakistan zu Anschlägen aufriefen, lasse sich das aber von der EU nicht kontrollieren.

Flugdatenerfassung auch in der EU

Im Rahmen seines Anti-Terror-Pakets will Frattini zudem die Daten europäischer Fluggäste für den Kampf gegen den Terrorismus verwenden. Personenbezogene Daten von Passagieren - die von der E-Mail-Adresse bis zur Kreditkartennummer reichen - werden bei Transatlantik-Flügen bereits seit 2004 von der EU an die US-Sicherheitsbehörden übermittelt.

Auch hier regte sich erste Kritik: Justizministerin Berger hält eine solche Datensammlung nur für ausländische Flugreisende für sinnvoll, die in die EU kommen. "Für innereuropäische Bewegungen sehe ich den Verwendungszweck nicht", sagte sie. Der deutsche Innenminister Wolfgang Schäuble [CDU] hatte sich dagegen mehrfach dafür ausgesprochen, in der EU die Daten von Fluggästen zu sammeln und zu nutzen.

Biometrische Erfassung aller Reisenden

Thema bei dem informellen Rat ist zudem der geplante Fall der Grenzkontrollen zu Polen, Tschechien und den anderen neuen EU-Staaten. Die EU-Kommission prüft derzeit ein elektronisches System zur Erfassung aller Reisenden aus Drittstaaten über biometrische Merkmale wie einen digitalen Fingerabdruck.

Die französische Innenministerin Michele Alliot-Marie sprach sich bei ihrer Ankunft am Sonntagabend für zusätzliche Kontrollen aus. "Der Druck auf die Grenzen der EU wird immer stärker", sagte sie.

Am Dienstag wollten die EU-Justizminister in Lissabon über ein mögliches Notrufsystem für vermisste Kinder beraten. Fälle wie der der in Portugal verschwundenen vierjährigen Britin Madeleine McCann könnten damit schneller gelöst werden.

(AFP)