RIAA-Klage vor Schwurgericht
Der US-Musikindustrieverband RIAA muss seine Vorwürfe wegen mutmaßlicher Urheberrechtsverletzungen in Online-Tauschbörsen erstmals vor einem Schwurgericht beweisen.
Seit September 2003 hat die RIAA rund 20.000 Verfahren gegen Tauschbörsennutzer eingeleitet. Ab Dienstag nimmt sich in dem Örtchen Duluth im US-Bundesstaat Minnesota zum ersten Mal ein Schwurgericht der Klagen des Verbandes an.
Die RIAA-Mitglieder Virgin Records, Capitol Records, Sony BMG, Arista Records, Interscope Records, Warner Bros. Records und UMG Recordings fordern von der US-Hausfrau Jannie Thomas rund 3,9 Millionen Dollar Schadenersatz.
Sie werfen ihr vor, im Jahr 2005 über KaZaA mehr als 1.700 nichtlizenzierte, urheberrechtlich geschützte Musik-Files zum Download angeboten zu haben. Thomas streitet das ab und will mit Hilfe ihres Anwalts Brian Toder den mächtigen US-Musikindustrieverband in die Schranken weisen.
Außergerichtliche Einigungen
Die Musikkonzerne haben es bisher vermieden, die Klagen gegen vermeintliche Urheberrechtsverletzungen in Online-Tauchbörsen vor Gericht zu bringen.
Der Großteil der Verfahren wurde gegen Zahlung eines Bußgeldes außergerichtlich beigelegt. Die Beschuldigten schreckten in vielen Fällen vor den hohen Gerichts- und Anwaltskosten, die ein Prozess mit sich gebracht hätte, zurück. In einigen Fällen musste die RIAA die Vorwürfe fallenlassen und wurde ihrerseits geklagt.
Die Internet-Bürgerrechtsbewegung Electronic Frontier Foundation [EFF] veröffentlichte vor kurzem eine Zwischenbilanz zu den Klagen der US-Musikindustrie gegen Tauschbörsennutzer.
Zweifel an Beweisen
Der Ausgang des Prozesses wird mit Spannung erwartet. Offen ist, ob die von den RIAA-Mitgliedern vorgelegten Beweise vor Gericht Bestand haben. Die Musikkonzerne stützen sich in dem Verfahren auf eine IP-Adresse, die von Thomas angeblich im Februar 2005 verwendet wurde.
Auch die Rechte an den von Thomas angeblich im "Shared Folder" ihrer Filesharing-Programms zur Verfügung gestellten Songs sind nicht unumstritten.
In einem von den Klägern vorgelegten Papier wurden Musikkonzerne als Rechteinhaber ausgewiesen, die an den genannten Songs nachweislich keinerlei Rechte besitzen.
In Österreich wurden nach Angaben des Verbandes der österreichischen Musikwirtschaft [IFPI] seit Oktober 2004 550 Verfahren wegen Urheberrechtsverletzungen in P2P-Netzen eingeleitet. 450 Fälle wurden bisher teils durch gerichtliche Entscheidungen, teils durch außergerichtliche Vergleiche abgeschlossen.
Aufgrund einer Reform der Strafprozessordnung könnte sich das Ausforschen von Tauschbörsennutzern für die Musik- und Filmwirtschaft ab Anfang nächsten Jahres schwierig gestalten.