Gemischte Reaktionen auf RIAA-Urteil

05.10.2007

Die Verurteilung einer 30-jährigen US-Amerikanerin zu einer Strafe von 222.000 US-Dollar für 24 zum Download angebotene Songs ist laut der Bürgerrechtsbewegung EFF "herzzerreißend". Die IFPI hofft auf eine abschreckende Wirkung.

Terry McBride, Chef der Musikmanagementfirma Nettwerk Music Group, sagte, dass das Urteil für die Musikindustrie einen großen Schritt zurück bedeute. "Man kann seine Fans nicht an einem Tag klagen und sich erwarten, dass sie am nächsten Tag Geld für ein Konzertticket ausgeben", so sein Kommentar.

Die meisten dieser Urheberrechtsklagen würden von den Musikkonzernen im Namen der betroffenen Künstler eingereicht, doch die Künstler seien über eine solche Behandlung ihrer Fans nicht glücklich.

"Musikindustrie schickt alleinerziehende Mutter in den Bankrott", titelte etwa die kanadische "Globe and Mail", während andere von einem "Schlüsselsieg" für die Musikindustrie sprachen.

24 Songs a 9.250 Dollar

Der US-Phonoverband Recording Industry Association of America [RIAA] warf der alleinerziehenden Mutter Jammie Thomas vor, sie habe unter dem Benutzernamen "tereastarr" über den Internet-Dienst KaZaA rund 1.700 Musikdateien verbreitet.

Bei dem Prozess ging es aber nur um 24 dieser Lieder. Mit dabei waren zum Beispiel die Songs "Iris" von der US-Rockband Goo Goo Dolls und "Welcome To The Jungle" von Guns N' Roses. Für jeden der 24 Songs muss die Frau nun 9.250 Dollar bezahlen.

Der New Yorker Anwalt und Copyright-Experte Ray Beckerman, der den Fall in seinem Weblog Recording Industry vs. The People begleitete, bezeichnete das Urteil als "einen der irrationalsten Augenblicke", die er in seiner Anwaltspraxis bisher erlebt habe. Er sagte, dass die betreffenden 24 Songs insgesamt 23 Dollar wert seien.

EFF: "Herzzerreißend"

Cindy Cohn, Chefanwältin der Internet-Bürgerrechtsbewegung Electronic Frontier Foundation [EFF], nannte das Urteil "herzzerreißend" und erklärte es zum Beweis, dass die Strafen für Copyright-Verbrechen nicht mehr der Realität entsprächen.

"Diese Gesetze wurden für 'Piraten' geschrieben, Leute, die Filme auf DVDs brennen und verkaufen. [...] Eine Mutter in ihrem Zuhause ist damit nicht vergleichbar, aber das Gesetz sieht keinen Unterschied."

"Solche rechtlichen Schritte gegen Privatpersonen erfolgen nur, um ein Exempel zu statuieren", sagte ein Analyst der US-Marktforschungsfirma Jupiter Research. "Das ist der Grund, warum diese lächerlich hohe Summe verordnet wurde."

IFPI: "Keine Genugtuung"

Seitens der Musikindustrie sieht man das naturgemäß anders. "Wir haben immer betont, dass wir widerwillige Kläger sind", meinte IFPI-Chef John Kennedy. "Das ist keine Genugtuung für uns, aber wir hoffen, dass es auf andere abschreckend wirkt."

Auch Geoff Taylor, Leiter des Verbands der britischen Musikindustrie, sagte: "Dieses wichtige Gerichtsurteil dient als Erinnerung für illegale Filesharer, dass digitaler Ladendiebstahl gesetzeswidrig ist, nicht anonym bleibt und ernsthafte rechtliche Konsequenzen nach sich zieht."

Ob Jammie Thomas nun in Berufung gehen will, steht noch nicht fest.

In den vergangenen Jahren hatte die RIAA ähnliche Verfahren gegen Tausende Tauschbörsennutzer angestrengt. Diese war die erste Klage, in der eine Jury abstimmen musste. Insgesamt hatte die Musikindustrie nach Angaben von Bloomberg 26.000 Klagen eingereicht.

Etwa 8.000 Rechtsstreits seien mit Vergleichen beigelegt worden, in der Regel gegen eine Zahlung von ungefähr 3.000 Dollar. Einige Klagen wurden abgewiesen, zum Beispiel weil die Betroffenen Kinder waren.

(futurezone | AP | Reuters)