Googles Stiefkind holt gegen MySpace auf

13.10.2007

Erst hat Google MySpace nahezu ohne Widerstand am eigenen Ableger Orkut vorbeiziehen lassen. Während MySpace den englischsprachigen Markt dominiert, ist Orkut in Lateinamerika, Indien und Fernost mittlerweile auf der Überholspur.

Lange bevor der Hype um soziale Netzwerke wie MySpace, Facebook oder YouTube begonnen hatte, gab es schon Orkut, ein "Freundschaftsnetz" von Google.

Bereits im Jänner 2004 startete das nach dem Code-Autor und Google-Angestellten Orkut Büyükkökten benannte Freundesnetz, doch wuchs es bei weitem nicht so explosiv wie etwa MySpace, das wenige Monate davor gestartet war.

Merkwürdige Distanz

Während der ersten dreißig Monate seiner Existenz wurde Zugang zu Orkut nur auf Einladung erteilt, dazu kam ein Urheberrechtstreit um den Code mit einer Drittfirma - vor allem aber verhielt sich Google merkwürdig distanziert.

Der Suchmaschinen-Weltmarktführer ließ das damaligen Start-up MySpace praktisch ohne Gegenwehr vorbeiziehen.

Orkut wurde in Google's Featureliste ziemlich weit hinten eingereiht, auch als MySpace kometenhaft in die Höhe schoss, änderte sich nichts an der Produktpolitik des Suchmaschinenriesen.

Google-Identität

Erst Mitte 2006 wurde Orkut für alle User geöffnet, kurz danach fand die YouTube-Übernahme statt. Im August 2007 wurde Orkut erstmals generalüberholt, mit neuen Features ausgestattet und in weitere Sprachen übersetzt. Mit einem Redesign hin zur Google-Identität wurde das Stiefkind auch formaliter angenommen.

MySpace ist von der User-Basis mit 75 Millionen Unique Visitors pro Monat weltweit mittlerweile etwa dreimal größer ist als Orkut, das in Europa gerade einmal 1,2 Millionen, in den USA gar nur 600.000 Benutzer im Monat hat.

Explosives Wachstum, westlich

Von der Öffentlichkeit wenig beachtet ist Orkut aber in anderen Weltgegenden während eines Jahres explosiv gewachsen.

Im August 2007 hatte Orkut mit 12,7 Millionen monatlichen Besuchern in Lateinamerika doppelt soviel wie MySpace und Facebook zusammen. Das größte Kontingent stellt Brasilien, wo Orkut alleine dominiert.

Im Fernen Osten

In Asien und Fernost wiederum haben sich die Benutzer binnen eines Jahres verdreifacht auf elf Millionen pro Monat, Weltmarktführer MySpace [zehn Millionen] wurde auch hier überholt.

Ein Blick auf die Leiste mit den angebotenen Sprachen in der Orkut-Navigation erklärt Googles Wachstumsstrategie.

Aufstrebende Märkte

Man hat den englischsprachigen Markt, den MySpace mit knapp 80 Prozent Anteil dominiert, links liegen gelassen und konzentriert sich auf sogenannte Emerging Markets für soziale Netzwerke.

Neben Chinesisch, Japanisch und Koreanisch kommen immer mehr Sprachen des indischen Subkontinents dazu, der neben den Brasilianern bereits die meisten Orkut-Benutzer stellt.

Strategie der Öffnung

Wie diverse Blogger von den Netzknoten pfeifen, soll Google im November eine Schnittstelle veröffentlichen, die es ermöglicht, Programme von Drittanbietern bei Orkut einzubinden: ein "Application Programming Interface".

Genau dieselbe Strategie benutzt die weit abgeschlagene Nummer zwei auf dem US-Markt, Facebook, die eine Schnittstelle zum Code im Mai offengelegt hatte.

Seitdem sind 3.000 verschiedenen Progrämmchen entstanden, von Mai bis August steigerten sich die monatlichen Visitors um fast 30 Prozent.

(futurezone | businessweek | TechCrunch et al.)