Wenig Konkretes zur Online-Durchsuchung
Bevor die Online-Durchsuchung in ein Gesetz gegossen werden kann, müssen Experten erst die technischen und prozeduralen Details des Vorhabens erläutern. Zu diesem Zweck wollen Innen- und Justizministerium eine Arbeitsgruppe einrichten.
Nach Bekanntgabe der Übereinkunft zwischen Justizministerin Maria Berger [SPÖ] und Innenminister Günther Platter [ÖVP] zur Einführung der Online-Durchsuchung zeigt sich der Salzburger Richter und Internet-Rechtsexperte Franz Schmidbauer zuallererst erleichtert.
"Ich bin zufrieden, dass Maria Berger sich durchgesetzt hat", sagte Schmidbauer auf Anfrage von ORF.at, "dadurch, dass die Online-Durchsuchung nicht ins Sicherheitspolizeigesetz aufgenommen wird, wie es das Innenministerium favorisiert hat, sondern in der Strafprozessordnung geregelt wird, sind die wichtigsten Bedingungen für den Schutz der Grundrechte erfüllt."
Kein flächendeckender Einsatz
Wichtig ist für Schmidbauer vor allem, dass die Online-Durchsuchung, analog zu anderen Überwachungsmethoden, der richterlichen Kontrolle unterworfen ist und nur zur Ermittlung schwerster Delikte eingesetzt werden soll.
"Diese strengen Bedingungen werden dazu führen, dass die Polizei die Online-Durchsuchung nicht flächendeckend einsetzen wird. Ich war am Anfang darüber besorgt, dass sie zur vorbeugenden Gefahrenabwehr dienen sollte. Das wäre eine grundrechtliche Katastrophe gewesen."
Für Schmidbauer bliebe noch zu klären, wie die Online-Durchsuchung gegen Missbrauch abgesichert werden könne. "Die Gerichte müssen sich ja darauf verlassen, dass die Polizei korrekt arbeitet", sagt Schmidbauer. "Die große Frage bleibt aber die nach der technischen Durchführbarkeit der Online-Durchsuchung."
Mittlerweile liegt ORF.at das gemeinsame Vortragspapier von Innenministerium und Justizministerium vor, das am Mittwoch dem Ministerrat vorgelegt worden ist.
Das Papier mit dem Betreff "Erweiterung des Ermittlungsinstrumentariums zur Bekämpfung schwerer, organisierter und terroristischer Kriminalitätsformen ["Online-Durchsuchung"]" deckt sich in wesentlichen Teilen mit den im Laufe des Tages bekannt gewordenen Informationen zur Umsetzung besagter Fahndungsmethode in Österreich, zeigt aber auch die Entwicklungsperspektiven der Online-Durchsuchung auf.
Expertenkommission soll Details klären
"Wir wissen noch nicht, wie die Online-Durchsuchung konkret aussehen wird. Die technischen Details sollen von einer Expertenkommission erörtert werden, die das Innen- und das Justizministerium gemeinsam einberufen werden", sagt Thomas Geiblinger, Sprecher der Justizministerin. Wann diese einberufen werden und wer ihr angehören soll, konnte Geiblinger noch nicht sagen.
Auch laut Geiblinger habe sich das Justizministerium in der Frage, ob die Online-Durchsuchung im Sicherheitspolizeigesetz oder in der Strafprozessordnung verankert werden sollte, "zu hundert Prozent durchgesetzt". Das Innenministerium habe sie im Sicherheitspolizeigesetz unterbringen wollen.
Geiblinger: "Vom massenhaften Einsatz dieses Instruments sind wir weit entfernt. Es kommt als zusätzliche Ermittlungsmethode in die Strafprozessordnung."
Skepsis bei den Providern
ISPA-Generalsekretär Kurt Einzinger bleibt skeptisch: "Es ist schon ein Schildbürgerstreich, ein Gesetz verabschieden zu wollen, ohne die Möglichkeit zu besitzen, die darin beschriebenen Methoden auch technisch umsetzen zu können."
Bisher, so Einziger, seien Bürger und Wirtschaft nur verunsichert worden. "Wir würden uns wünschen, dass die Ministerien uns genauer sagen, was sie sich unter der Online-Durchsuchung vorstellen", sagt Einzinger. "Die Vorstellung, dass eine Online-Durchsuchung so durchgeführt werden kann wie etwa eine Telefonüberwachung beim Lauschangriff, ist falsch."
Die auch in Deutschland über die Methoden der Online-Durchsuchung herrschende Unsicherheit gefährde auch die Glaubwürdigkeit des Staates etwa bei der Einführung von E-Government-Maßnahmen.
WKÖ für Konkretisierung
Auch die Wirtschaftskammer [WKÖ] mahnt eine Konkretisierung der Überwachungspläne an. "Wie soll die Online-Durchsuchung von PCs technisch vor sich gehen?", fragt Gerhard Laga, Leiter des E-Centers der WKÖ. "Wir sind dagegen, dass flächendeckend Daten erfasst werden", sagt Laga. "Da sind wir ja schnell bei der Vorratsdatenspeicherung."
Klügere Verdächtige würden auch nicht das meistverwendete Betriebssystem nutzen. Würde die Überwachungssoftware der Polizei nur auf diesem laufen, bestünde die Gefahr, dass diese auf den Schwarzmarkt gelange und zur Wirtschaftsspionage genutzt werden könne. "Das wäre natürlich nicht in unserem Sinn", schließt Laga.
(futurezone | Günter Hack)