Bildungsevidenz 2.0

22.10.2007

Die Gesetzesnovelle zur Bildungsdokumentation hat den Ministerrat passiert. Mehrere Punkte wurden in der Endversion zwar entschärft, der Hauptkritikpunkt, die Verknüpfung der Daten mit der Sozialversicherungsnummer bei der Statistik Austria, bleibt hingegen.

Das umstrittene Bildungsdokumentationsgesetz wird in einigen Punkten entschärft. Unter anderem sollen im Unterrichtsministerium keine personenbezogenen Daten mehr anfallen, Anfrageberechtigungen anderer Behörden werden gestrichen, und nicht mehr alle Daten werden 60 Jahre lang gespeichert.

Weiter festgehalten wird allerdings an der von Datenschützern wiederholt kritisierten Verwendung der Sozialversicherungsnummer für die Bildungsdokumentation. Eine entsprechende Vorlage hat in der Vorwoche den Ministerrat passiert und soll laut Unterrichtsministerin Claudia Schmied [SPÖ] mit 1. Jänner 2008 in Kraft treten.

Ein preisträchtiges Gesetz

Das Gesetz hat bereits Ex-Bildungsministerin Elisabeth Gehrer [ÖVP] den Datenschützer-Antipreis "Big Brother Award" eingebracht, auch ihre SPÖ-Nachfolgerin ist deswegen heuer dafür nominiert worden.

Durch das Bildungsdokumentationsgesetz sollen Daten sämtlicher Schüler und Studenten gesammelt und für die Bildungsplanung verfügbar gemacht werden. An diesem Ziel hielt Schmied in einer Aussendung am Montag fest. Die gewonnenen Daten seien "eine wichtige Grundlage für den erstmals für Ende 2008 geplanten Bildungsbericht".

Statistik Österreich verschlüsselt

Um den Umgang mit den sensiblen Schüler- und Studentendaten sicher zu gestalten, hat das Bildungsministerium Nikolaus Forgo vom Institut für Rechtsinformatik der Universität Hannover zur Beratung hinzugezogen.

Das bereits aus der Beratungsphase bekannte Kernstück der Novelle besteht darin, dass die Sozialversicherungsnummern der Schüler und Studenten nun an die Bundesanstalt Statistik Österreich [Statistik Austria] übermittelt werden sollen. Dort wird aus der Sozialversicherungsnummer die Bildungsevidenz-Kennzahl [BEKZ] generiert. Daraus entstehe, so das Ministerium, "ein nur indirekt personenbezogener Datensatz".

Bisher trafen die Datensätze beim Ministerium selbst ein und es wurde von dort eine Kopie an die Statistik Austria übermittelt. Die Sozialversicherungsnummer oder das Ersatzkennzeichen wurden anschließend in die BEKZ umgewandelt. Unter der neuen Regelung, so das Ministerium, könne die jeweilige Ressortleitung "über jeden Verdacht erhaben" sein, Daten mit direktem Personenbezug einsehen oder gar speichern zu können.

Speicherdauer selbst festlegen

Bei der lokalen Bildungseinrichtung bleibt die Sozialversicherungsnummer bis zu zwei Jahre nach Abgang des Schülers oder Studenten gespeichert. Die Speicherdauer für die restlichen Daten wollen die Bildungs- und Forschungsministerien "durch Verordnung" und "unter Bedachtnahme auf den Speicherzweck" selbst festlegen - unter Datenschützern ein umstrittener Punkt.

Für die Universitäten und Fachhochschulen übernehmen wie bisher das Bundesrechenzentrum sowie der Fachhochschulrat die Funktion der "Trusted Third Party". Ihnen schrieb das Ministerium in Paragraf 5 Abs. 2 der Novelle noch vor, dass sie den Datensicherheitserfordernissen des Datenschutzgesetzes 2000 zu entsprechen haben.

Die Bildungs-PKZ

Die Sozialversicherungsnummer soll, so das Ministerium in seinen Erläuterungen zur Novelle, mittelfristig im Rahmen der E-Government-Strategie des Bundes durch ein "eindeutiges Personenkennzeichen an allen Bildungseinrichtungen" ersetzt werden. Bisher seien dafür aber noch nicht die notwendigen technischen und organisatiorischen Rahmenbedingungen gegeben.

Die Bildung der Bildung

In den Erläuterungen zum Entwurf der Novelle ist davon zu lesen, dass "für Zwecke der Bildung von Bildungsevidenzen und Bildungsstatistiken" die Verwendung "eines personenbezogenen Identifikators" erforderlich sei. Weshalb dem so sei, teilen die Beamten in dem Papier nicht mit. Bereits in der Vorbereitungsphase der nun im Schnellverfahren durchgereichten Novelle hatte die ARGE Daten kritisiert, dass die Sozialversicherungsnummer weiterhin als Schlüssel zu den Bildungsdaten dienen soll.

Klarheit durch Einschränkung

Ebenfalls in der Kritik der Datenschützer stand die im alten Gesetz vorgesehene Abfragemöglichkeit der Daten durch andere staatliche Stellen zu verschiedensten Verwaltungszwecken. Hier hat das Bildungsministerium Klarheit geschaffen. Nur die Schulbehörden des Bundes sollen für schulstatistische Auswertungen Zugriff auf die nicht personenbezogenen Daten der Gesamtevidenzen bekommen.

Auch die exakten Geburtsdaten der Schüler sollen nicht mehr erfasst werden - nach § 6 DSG 2000 sollen Monat und Jahr der Geburt für die Gesamtevidenz der Schüler reichen.

Erfassung von Uni-Prüfungen

Feinkörniger hingegen wird die Erfassung der Studierenden. "Der Datenverbund enthält derzeit die für Studienförderungszwecke benötigten Daten über Studienrichtung und Studienzeit, es fehlen jedoch die Informationen über die Stundenmenge abgelegter Prüfungen sowie über die Ablegung abschließender Prüfungen", heißt es in den Erläuterungen des Ministeriums.

Die Studienbeihilfenbehörde sowie die Beihilfenstellen der Finanzämter sollen im Rahmen des Datenverbundes der Universitäten zur "Automatisierung der entsprechenden Verwaltungsprozesse" auf die entsprechenden zentral gespeicherten Daten Zugriff erhalten.

(futurezone | APA)