Front gegen Softwarepatente
"Was im COREPER beschlossen wurde, entspricht nicht der Position des EU-Parlaments", sagte der EU-Abgeordnete Otmar Karas [ÖVP] am Mittwoch bei einer Veranstaltung der Wiener Wirtschaftskammer zum Thema "Freie Software und Europa" in Wien.
Karas forderte den Rat auf, die im Ratsausschuss COREPER formulierte Position zum Thema "Software-Patente" nicht umzusetzen. Karas kritisiert vor allem die schwammigen Formulierungen, die Patente einerseits "de jure nicht, de facto aber sehr wohl möglich" machten.
Grundlage für die Entscheidung des Rats - also aller dort vertretenen Minister - habe der Beschluss des europäischen Parlaments zu sein, das sich gegen jede Form von Softwarepatentierung ausgesprochen habe.
Das war an die Adresse von Wirtschaftsminister Martin Bartenstein [ÖVP] gerichtet, der im Wettbewerbsrat am 17. Mai über die neue Ratsinitiative mitentscheiden wird.
Anders als Deutschland, Belgien und andere hatte die österreichische Delegation keinerlei Einsprüche gegen den neuen Ratsvorschlag erhoben, sondern unterstützt ihn vollinhaltlich. In diesem Gremium arbeiten Beamte des österreichischen Patentamts mit, das seit 2000 zum Verkehrsministerium gehört.
Software-Patente wieder auf dem TischBedenken Rechnung tragen
Der zu erwartende Ratsbeschluss steht in diametralem Gegensatz zu einer mehrheitlichen Entscheidung des EU-Parlaments. Im Wesentlichen ist dieser "neue" Ratsbeschluss mit dem ersten, vom Parlament verworfenen Ratsbeschluss identisch.
Den Bedenken der Open-Source-Bewegung sei vollständig Rechnung zu tragen, so Karas weiter.
Die EU-Abgeordnete Mercedes Echerer, eine der prononciertesten Kritikerinnen der Richtlinie, forderte Bartenstein "vehement und eindringlich" auf, einen Ratsbeschluss, der solcherart Patente auf "Software-Ideen" ermögliche, nicht mitzutragen.
In Europa seien Software-Erfindungen durch das Urheberrecht ausreichend geschützt, so Echerer, es bestehe überhaupt kein Grund, hier Patente ins Spiel zu bringen.
Der Vortrag von Richard Stallman, dem wohl radikalsten Vordenker der Bewegung für freie Software, fand im im überfüllten Raab-Saal der Österreichischen Wirtschaftskammer auf Einladung der Bundessparte Information und Consulting statt.
Ein GNU-Guru gegen SoftwarepatenteDemonstration vor Europäischem Patentamt
"Patente auf Software-Ideen sind nicht nur eine Bedrohung für jeden Programmierer, sondern auch für jeden Computer-Nutzer", begann Stallman, der während seines pointierten Vortrags über die negativen Auswirkungen von bestehenden Software-Patenten in den USA oft durch Szenenapplaus unterbrochen wurde.
Im Anschluss zog ein großer Teil des Publikums von der Wiener Wirtschaftskammer mit Stallman zu einer Proteskundgebung vor das Europäische Patentamt im dritten Wiener Gemeindebezirk.
Danach reist Stallman nach Linz, wo ab Donnerstag die Linuxwochen 2004 Station machen.
Das Programm in Linz